Gewerblicher Rechtsschutz21.09.2020 Newsletter

Von Goldbären und quadratisch, praktisch, guten Tafeln: Der Bundesgerichtshof zum markenrechtlichen Schutz von Produktgestaltungen bei Genussmitteln

Ritter Sport bleibt die einzige quadratische Schokolade in deutschen Supermarktregalen, während der Goldbär das Nachsehen hat. Letzterer blickt uns sowohl in Fruchtgummi- als auch in Schokoladenform, wohlgemerkt von unterschiedlichen Herstellern, im Handel entgegen. Kaum eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in den vergangenen Jahren für so viel Aufsehen gesorgt wie die Verfahren von Haribo gegen Lindt und Milka gegen Ritter Sport. Was fehlt dem Bären, das die Tafel hat? Und welche Schlüsse lassen sich daraus für den Schutz von Produktgestaltungen bei Lebens- und Genussmitteln über die Eintragung als Marke ziehen?

Der Streit um den Lindt Teddy

2012 stritten die Süßwarenhersteller Haribo und Lindt um Süßigkeiten in Bärenform. Haribo vertreibt die sogenannten „Gummibärchen“ und ist Inhaberin der Wortmarken „Goldbären“, „Goldbär“ und „Gold-Teddy“ für Zuckerwaren. 2011 brachte nun Lindt – angelehnt an den allseits bekannten „Goldhasen“ – eine in Goldfolie verpackte Schokoladenfigur in Form eines sitzenden Bären mit roter Halsschleife auf den Markt, die der Hersteller selbst als „Lindt Teddy“ bezeichnete.

Haribo war der Auffassung, dieser Teddy verletze die vorgenannten Marken und stelle eine unlautere Nachahmung ihrer Gummibärchen dar. Dies sah der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 23. September 2015, Az. I ZR 105/14) anders: Die Marke „Goldbär“ und die ihr gegenüberstehende Ware des goldenen Teddys seien sich zwar sehr ähnlich, aber die Gefahr einer Verwechslung gebe es zwischen den beiden nicht. Stehen sich – wie in diesem Fall – eine Wortmarke und eine dreidimensionale Produktgestaltung gegenüber, so ist allein auf den Bedeutungsgehalt abzustellen. Eine Ähnlichkeit setzt demnach voraus, dass für Verbraucher die Wortmarke eine naheliegende und abschließende Bezeichnung für die dreidimensionale Produktgestaltung ist. Dabei ist es allerdings nicht ausreichend, wenn die Wortmarke nur eine unter mehreren naheliegenden Bezeichnungen der Produktform ist. Im Fall des Lindt Teddys kamen nicht nur die Angaben „Goldbär“ und „Goldbären“ in Betracht (tatsächlich nutzen diese bei einer Befragung nur 8,5% der angesprochenen Verbraucher), sondern auch Bezeichnungen wie „Teddy“, „Schokoladen-Bär“ oder „Schokoladen-Teddy“. Der BGH ging deshalb davon aus, dass eine gedankliche Verknüpfung der Wortmarke von Haribo mit dem Produkt von Lindt nicht vorliege.

Die Löschungsklage gegen das Ritter Sport Schoko-Quadrat

Im Fall von Ritter Sport ging der direkte Wettbewerber Milka im Wege der Löschungsklage gegen deren dreidimensionale Formmarke vor: Diese zeigt – eingetragen für Tafelschokolade – die Vorderseite und die Rückseite einer neutralisierten Verpackung mit einer quadratischen Grundfläche sowie zwei seitlichen Verschlusslaschen und einer weiteren Verschlusslasche auf der Rückseite. Milka war der Auffassung, dass diese charakteristische Verpackungsform dem Schutz als Marke nicht zugänglich sei, weil es sich hierbei um ein Zeichen handele, das ausschließlich aus einer Form bestehe. Diese verleihe der Ware einen wesentlichen Wert.

Der BGH (Beschluss vom 23. Juli 2020, Az. I ZB 42/19) war jedoch der Ansicht, dass diese Voraussetzungen bei der angegriffenen Marke von Ritter Sport nicht vorliegen. Allein die Gestaltung der Verpackung in Form eines Quadrats stellt im Verhältnis zu Konkurrenzverpackungen keinen wesentlichen Wert dar. Hierbei steht nicht ein ästhetisches Merkmal im Vordergrund, sondern allein der Wiedererkennungswert und damit die Herkunftsfunktion der Marke. Anders formuliert: Die quadratische Form der Verpackung verleiht der Ware keinen wesentlichen Wert im Sinne eines bedeutenden Preisunterschieds gegenüber ähnlichen Produkten aufgrund eines besonderen künstlerischen oder gestalterischen (Mehr-) Wertes. Die von Milka begehrte Löschung der quadratischen Formmarke des Wettbewerbers Ritter Sport scheiterte nach Urteil des BGHs daran, dass die Kaufentscheidung der Verbraucher nicht vornehmlich durch die quadratische Verpackung bestimmt wird. Vielmehr sieht der Verbraucher darin – nicht zuletzt wegen der Vermarktungsstrategie mit dem bekannten Werbespruch "Quadratisch. Praktisch. Gut." –  einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade aus einem bestimmten Unternehmen und verbindet damit bestimmte Qualitätserwartungen.

Was hat das Quadrat, was der Bär nicht hat?

So unterschiedlich die geltend gemachten Ansprüche und Verfahren auch sind, so drehen sie sich letztendlich beide um die Frage, ob es möglich ist, konkrete Produktgestaltungen markenrechtlichem Schutz zuzuführen. Die Antwort hierauf wird – vor allem Nicht-Juristen – wenig überraschen: Es kommt darauf an.

Wie der Fall von Haribo zeigt, ist der Schutz einer Produktgestaltung über eine (womöglich beschreibende) Wortmarke problematisch. So kann es über einen zu allgemeinen Sinngehalt zu einer unzulässigen Monopolisierung von Warengestaltungen kommen. Das wird durch eine nicht allgemeine Wortmarkenwahl zwar seltener geschehen, kann dann aber kaum konkreten markenrechtlichen Schutz für gegenständliche, körperliche und/oder farbige Produktgestaltungen entfalten. Aus diesem Grund bietet eine Wortmarke zwar einen weitreichenden Schutz vor Benutzung ähnlicher Formulierungen oder Bezeichnungen. Sie eignet sich aber wenig für markenrechtlichen Schutz von Waren- oder Produktgestaltungen.

Eine Monopolisierung ist hingegen durch eine Bildmarke oder eine dreidimensionale Warenformmarke, mit der eine bestimmte Verpackungs- oder Produktform festgelegt wird, nicht bzw. schwerer zu erreichen. Daher empfiehlt es sich, für den Schutz von Produktgestaltungen die ganz konkrete Ausgestaltung als Marke anzumelden – entweder als zwei- oder, wo es sich anbietet, auch als dreidimensionales Abbild. Das geht bei einer Vielzahl von Produkten, wie ein Blick in das Register und die Entscheidungspraxis der Gerichte zeigt: vom Schokoriegel über Cremetiegel und Parfumflakons bis hin zu Gürtelschnallen und sogar den ikonischen türkisfarbenen Boxen und Schmuckbeuteln eines weltbekannten Juweliergeschäfts.

Allerdings ist, insbesondere bei der Verwendung einer (zweidimensionalen) Bildmarke, darauf zu achten, dass das gewählte Motiv nicht zu allgemein ist: Das Markenrecht lässt keinen Motivschutz zu. Außerdem darf der (Mehr-) Wert des Produkts nicht allein aus der Form der zu schützenden Gestaltung entspringen.

Man sollte es daher wie Ritter Sport halten und auf einen hohen Wiedererkennungswert durch eine individuelle Produkt- oder Verpackungsgestaltung setzen anstatt auf Bären aus echtem Gold!

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Dr. Fee Mäder

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