Übertragung von Immobilien – Ab nächstem Jahr wird es deutlich teurer

Nach dem aktuellen Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022, das ab dem 1. Januar 2023 Anwendung finden soll, werden die Bewertungsvorschriften für Schenkung und Erbschaften von Immobilien voraussichtlich deutlich verschärft. Immobilieneigentümer, die Immobilien unentgeltlich übertragen möchten, insbesondere im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, sollten dringend prüfen, ob durch eine Übertragung noch in diesem Jahr Steuern gespart werden können. 

Die Besteuerung von Schenken und Erben bei Immobilien

Bei einer Schenkung oder dem Erben von Immobilien fällt grundsätzlich Erbschaft- und Schenkungsteuer an. Ausnahmen gibt es nur in wenigen Fällen, etwa bei unternehmerischem Vermögen oder in bestimmten Fällen eigengenutzter Familienimmobilien. Den Beitrag zu Steuerbegünstigungen beim Erben eines Familienheims finden Sie hier.

In allen anderen Fällen kommt es darauf an, wieweit die persönlichen Freibeträge der Erwerber reichen. So steht z.B. zwischen Ehegatten alle 10 Jahre ein Freibetrag von 500.000 Euro zur Verfügung. Für Übertragungen an Kinder beträgt dieser   400.000 Euro, für Übertragungen an Enkel 200.000 Euro, pro (Groß-)Elternteil und (Enkel-)Kind). Für Übertragungen an entfernte Verwandte und Familienfremde bestehen nur 20.000 Euro Freibetrag.

Angesichts der gerade in den letzten Jahren erfolgten Wertentwicklung bei Immobilien dürfte dieser Wert schnell überschritten sein. Es ist damit entscheidend, welchen Wert das Finanzamt bei der Ermittlung der Erbschafts- und Schenkungsteuer zu Grunde legt. Der aktuelle Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) sieht in der Frage der Wertermittlung von Immobilien eine deutliche Verschärfung vor.

Die Bewertung von Immobilien erfolgt nach dem Bewertungsgesetz (BewG) primär nach einem speziell für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer festgelegten Verfahren (sog. Sach- bzw. Ertragswertverfahren). Bei der Berechnung ergaben sich bisher häufig niedrigere Werte als der aktuelle Verkehrswert der Immobilie. Lag der so berechnete Wert über dem Verkehrswert, war es möglich diesen durch ein Gutachten nachzuweisen, der dann als Grundlage für die  Bewertung herangezogen wurde. Durch diesen Mechanismus wurde sichergestellt, dass der steuerliche Wert zumeist niedriger, jedoch keinesfalls höher als der aktuelle Verkehrswert war. Das bisher in der Regel günstige gesetzliche Verfahren wurde nunmehr deutlich verschärft, sodass der steuerliche Wert von Immobilien viel häufiger dem Verkehrswert entsprechen wird. Zudem dürften die Fälle zunehmen, in denen der Verkehrswert sogar überschritten wird. Im Regelfall dürfte der steuerliche Wert und damit die Schenkungsteuer deutlich höher als bisher ausfallen. 

Deutliche Verschärfungen durch das Jahressteuergesetz 2022 geplant

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die in den Art. 12 und 13 des aktuellen „Entwurf eines Jahressteuergesetzes“ (JStG 2022) vorgesehenen Änderungen der §§ 177 ff. BewG. Hierbei handelt es sich um diejenigen Vorschriften, welche die Bewertung von Grundvermögen (unbebaute und bebaute Grundstücke) zum Gegenstand haben. Der Hintergrund für diese Änderung ist laut der offiziellen Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des JStG 2022 das Erbschaftssteuerreformgesetz 2008 und die darin enthaltene Neuausrichtung der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaftssteuer. Mittlerweile wurde in 2021 die „Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV)“ erlassen und enthielt neue, konkrete Regelungen zur Verkehrswertermittlung von Grundstücken. Das Bewertungsgesetz – und dort spezifisch die Verfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke im Ertrags- und Sachwertverfahren – soll nun nach Aussage der Bundesregierung an diese veränderte Normenlage angepasst werden.

Das JStG 2022 befindet sich schon in der konkreten Beratungs- und Anhörungsphase vor dem Finanzausschuss des Bundestages. Der Bundesrat hat bereits Stellung genommen. Es ist damit zu rechnen, dass das JStG 2022 mit Wirkung zum 01.01.2023 in Kraft tritt.

Was soll sich im Einzelnen ändern?

Das Bewertungsgesetz stellt verschiedene Verfahren zur Grundstücksbewertung bereit. Mit den im JStG 2022 enthaltenen Änderungen nimmt die Bundesregierung – beinahe unscheinbar – Änderungen an einzelnen Berechnungsfaktoren innerhalb der Bewertungsverfahren vor, während die grundsätzliche Methode gleich bleibt. Diese geänderten Berechnungsfaktoren können zu einer höheren Grundstücksbewertung und im Ergebnis zu einer höheren (erbschafts-)steuerlichen Bemessungsgrundlage führen. Konkret soll(en)

  1. die Abziehbarkeit von Bewirtschaftungskosten begrenzt werden,
  2. die sogenannten Liegenschaftszinssätze angepasst werden,
  3. besondere Regionalfaktoren zur Abbildung regionaler Baukostenunterschiede berücksichtigt werden, und
  4. die sogenannten Wertzahlen an das aktuelle Marktniveau angepasst werden.

Die Abziehbarkeit von Bewirtschaftungskosten(Nr. 1) spielt bei Mietobjekten eine wichtige Rolle, denn sie können von den Erträgen des Objekts abgezogen werden. Während bislang Bewirtschaftungskosten auf der Grundlage von gutachterlichen Erfahrungssätzen oder hilfsweise pauschaliert angesetzt werden durften, soll dies laut JStG 2022 nicht mehr gelten. Zukünftig sollen nur noch feste Beträge pro Objekt für Verwaltungskosten sowie qm-abhängige Pauschalbeträge für die Instandhaltung abzugsfähig sein. Dies kann zu einer deutlichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage um bis zu 20 bis 30 Prozent führen.

Mit dem Liegenschaftszinssatz (Nr. 2) wird dargestellt, welche Wertsteigerung des Objektes in Zukunft erwartet werden kann. Maßgeblich hierfür sind insbesondere Lage, Immobilienart und die Restnutzungsdauer. In Zukunft soll nicht mehr – wie bislang – eine Bestimmung der Liegenschaftszinssätze nach Gutachterausschüssen möglich sein, sondern soll sich pauschal an den in der ImmoWertV festgesetzten Werten orientieren. Damit dürften sich die Liegenschaftszinssätze auch in strukturschwächeren Regionen verringern, was zu einer höheren Bemessungsgrundlage führen kann.

Die neu eingeführten Regionalfaktoren (Nr. 3) erhöhen die steuerliche Bemessungsgrundlage weiter, in dem sie mit den Regelherstellungskosten und der Grundfläche multipliziert werden. Dadurch sollen ebenfalls Strukturunterschiede ausgeglichen und Immobilienpreise in Ballungsgebieten der Marktlage angeglichen werden, was sich in diesen Regionen ebenfalls steuererhöhend auswirken wird. Im Ergebnis wird daher bspw. für ein Objekt mit denselben Herstellungskosten und derselben Größe in München, Hamburg oder Berlin eine höhere Erbschafts- und Schenkungssteuer fällig.

Mit der Wertzahl (Nr. 4) soll ebenfalls eine weitere Annäherung der Grundstücksbewertung an die tatsächlichen Gegebenheiten des Immobilienmarktes erreicht werden. Diese kommen insbesondere dann zum Tragen, wenn es keine gutachterliche Bewertung zur Strukturstärke der Region und Lage des Objektes gibt.

Was ist zu tun?

Immobilieneigentümer, die in nächster Zeit eine Übertragung von Grundvermögen geplant haben – sei es durch Schenkung, Vererben oder Vermachen – sollten dringend noch zeitig vor Jahresende prüfen, ob durch die Übertragung noch in diesem Jahr, also bevor das JStG 2022 in Kraft tritt, Erbschaft- und Schenkungsteuer gespart werden kann. Grundsätzlich müsste dafür die Grundstücksänderung noch im Jahr 2022 im Grundbuch eingetragen werden. In Ausnahmefällen kann es aber auch ausreichen, wenn nur der Antrag auf Umschreibung gestellt wurde.

Darüber hinaus kann sich der Schenker im Rahmen der Schenkung flexibel zahlreiche Rechte vorbehalten, die ihn auch bei einer frühzeitigen Übertragung z.B. auf die Kinder absichern. So kann der Schenker sich etwa die volle Nutzung der Immobilie im Rahmen eines Nießbrauchsrechts vorbehalten, wodurch auch der Wert der Schenkung für den Erwerber und damit auch die Steuerbelastung weiter abgesenkt werden kann. Außerdem kann der Schenker umfassende Widerrufsrechte und Rückfallgründe vorsehen und die Immobilie so in bestimmten Fällen zurückholen (z.B.wenn der Beschenkte diese gegen seinen Willen weiterverkauft). Bei umfassenden Immobilienportfolios kann zuletzt an die Errichtung einer Familiengesellschaft gedacht werden, die die Immobilien aufnimmt und dafür sorgt, dass diese möglichst lange der Familie erhalten bleiben.  

Über diese vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten und ihr steuerliches Einsparpotential, beraten wir Sie gerne.

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Martin Brandenburger-Nonnast<br/>LL.M.

Martin Brandenburger-Nonnast
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