Handel und Konsumgüter17.10.2023 Newsletter

Trends und Entwicklungen im Retail - Was bewegt die Luxusgüterbranche?

Die Luxusgüterbranche ist im Umbruch und lebt von neuen Trends und Entwicklungen. Die Themen, die den Markt und unsere Mandanten derzeit bewegen, haben wir überblicksartig nachfolgend zusammengestellt.

ESG: Aufgrund zunehmender gesetzlicher und regulatorischer Maßnahmen ist es für Unternehmen unerlässlich, über konsistente, vergleichbare und transparente Daten in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Informationen (ESG) zu verfügen. Die Frage, welchen gesetzlichen und regulatorischen Verpflichtungen Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit unterliegen, beschäftigt die Branche mehr denn je. Wo liegen z. B. die Grenzen zum Greenwashing? Welche Schritte müssen Unternehmen in Betracht ziehen, um Klima-, Material- und Finanzrisiken für ihr Geschäft zu mindern? Mit welchen Entwicklungen ist in der ESG-Gesetzgebung zu rechnen und wie wirken sich diese auf die Luxusgüter- und Fashionbranche aus?

Probleme in der Lieferkette/Preisanpassungen: Lieferketten stehen nach wie vor unter erheblichem Druck. Neben bekannten Lieferengpässen oder gar Lieferausfällen, stellen exorbitant steigende Rohmaterialpreise und die Inflation Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen. Erheblicher Beratungsbedarf entsteht daraus bei der Vertragsgestaltung, z. B. bei der Absicherung gegenüber Zulieferern und der Verhandlung von Preisanpassungsmechanismen sowie – im Streitfall – der  Durchsetzung von entsprechenden Rechten (außergerichtlich und vor Gericht). 

Absicherung vor Insolvenz von Zulieferern: Der Wegfall von Lieferanten-Leistung(en) kann schwerwiegende Folgen für Unternehmen haben – insbesondere, wenn das Unternehmen auf die Leistungen des Lieferanten angewiesen ist. Im schlimmsten Fall droht die eigene Insolvenz. Diesem Risiko wird vielfach durch präventive Maßnahmen begegnet. Hierunter fallen z. B. das sog. „Supplier Monitoring“ (d. h. die regelmäßige Prüfung der Wirtschaftskraft des Lieferanten) sowie das sog. „Second Sourcing“ (d. h. die frühzeitige Suche nach alternativen Lieferanten). Falls die Insolvenz des Zulieferers bereits akut droht, kommen folgende Maßnahmen in Betracht: Verringerung des Anfechtungsrisikos durch Beachtung des Bargeschäftsprivilegs, Verkürzung von Zahlungszielen bzw. Umstellung auf Vorleistung, Unterstützung bei Aufnahme (neuer) Finanzierung (z. B. durch Abgabe von Abnahmegarantien), Zurverfügungstellung von Brückenfinanzierung sowie die (stille) Beteiligung an bzw. der Erwerb des Zulieferers. Im vorläufigen Insolvenzverfahren ist die frühzeitige Kontaktaufnahme zum vorläufigen Insolvenzverwalter essentiell – nicht zuletzt um den Abschluss sog. Fortführungsvereinbarungen abzustimmen.

Restrukturierungsmaßnahmen: Die Modebranche ist in der Krise. Die Gründe für die Krise liegen unter anderem in der Corona-Pandemie und den o. g. Lieferkettenproblemen, einem Nachfragerückgang durch den Ukraine-Krieg sowie der hohen Inflation. Um einer Insolvenz zu entgehen, sind Restrukturierungen meist unvermeidbar. Hier gibt es verschiedene arbeitsrechtliche Maßnahmen, die ergriffen werden können, um z. B. hohe Personalkosten zu reduzieren – von Freiwilligenprogrammen,  Kündigung freiwilliger Betriebsvereinbarungen, Abschluss von Sanierungstarifverträgen oder Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplänen zwecks Umsetzung des Personalabbaus.

Marketing: In der Welt des Klimawandels sind sogenannte Green Claims aus der Werbung, auch für Luxusprodukte, nicht mehr wegzudenken. Diese "umweltbezogenen“ oder "umweltfreundlichen“ Angaben sind Aussagen, die zeigen sollen, dass ein Produkt, eine Dienstleistung, eine Marke oder ein Unternehmen der Umwelt einen Nutzen bietet oder weniger umweltschädlich ist.

Während es beispielsweise im Vereinigten Königreich bereits einen sog. Green Claim Code gibt, der klar festlegt, welche Aussagen zur Umweltverträglichkeit eines Produkts zulässig sind, muss sich in Deutschland durch die Rechtsprechung erst herausbilden, welche und vor allem unter welchen Voraussetzungen Aussagen als unzulässiges, weil irreführendes “Greenwashing“ anzusehen sind. 

So ist zu den Anforderungen an eine zulässige Bezeichnung von Produkten als „klimaneutral“ und „umweltneutral“ jüngst im Hinblick auf Kosmetikprodukte eine Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe ergangen. Das Landgericht ging in diesem Fall davon aus, dass der Neologismus der „Umweltneutralität“ von angesprochenen Verbrauchern im Sinne eines Produkts mit ausgeglichener Umweltbilanz verstanden wird. Folglich dürften unter dem Strich, also nach Reduktion von Umwelteinwirkungen und Kompensation der fortbestehenden Umwelteinflüsse, keine (negativen) Einwirkungen auf die Umwelt mehr verbleiben. Dieses Ziel werde allerdings nicht erreicht, wenn nach einem zugrunde gelegten Kompensationsansatz von vornherein nicht alle negativen Umweltauswirkungen erfasst werden. Eine Produktwerbung sei daher irreführend, wenn sie trotzdem entsprechende Claims benutzt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, so dass abzuwarten bleibt, ob sich auch der Bundesgerichtshof entsprechend äußert.

Real Estate: Der Einzelhandelsimmobilienmarkt ist in den ersten drei Quartalen 2023 von Restrukturierungsmaßnahmen geprägt gewesen. Insbesondere große Einzelhandelsketten haben Filialnetze teilweise deutlich verkleinert oder Handelsflächen an größeren Standorten reduziert. Allerdings zeigt sich kein brancheneinheitliches Bild. So sind der Luxusgüterbranche zuzuordnende Hersteller und Händler weiterhin auf Expansionskurs und haben das erhöhte Flächenangebot für Neuanmietungen und Eröffnungen neuer Flagship-Stores genutzt und nutzen dies weiter. Wir gehen davon aus, dass dieser Trend auch im vierten Quartal 2023 anhält und sich ggfs. noch verstärkt.

In der rechtlichen Beratungspraxis hat sich das volatile Marktumfeld einerseits in einer erhöhten Nachfrage nach der Prüfung möglicher „Exitszenarien“ bei Mietverträgen über Handelsflächen niedergeschlagen. Andererseits erleben wir erheblichen Beratungsbedarf bei der Verhandlung neuer Mietverträge und der Anpassung von Bestandsmietverträgen, auch und gerade nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens oder einer Restrukturierung des Mieters. Letzteres birgt besondere Herausforderungen in der Mietvertragsgestaltung, insbesondere, wenn sog. Altverbindlichkeiten (aus Zeiten vor der Insolvenz oder Restrukturierung, z. B. Instandhaltungsrückständen, Sanierungspflichten oder ausstehende Rückbauverpflichtungen) für den Mieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht wieder aufleben sollen.
 

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Isabel Hexel

Isabel Hexel

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