Nachfolge, Vermögen, Stiftungen18.03.2022 Newsletter

Spenden für die Ukraine von NPOs, Unternehmen und Privatpersonen: Erleichterungen durch neues BMF-Schreiben

Seit Beginn des Ukraine-Krieges herrscht eine große Solidarität mit den Menschen vor Ort. Viele NPOs engagieren sich aktiv. Auch Privatpersonen und vor allem Unternehmen möchten aktiv helfen. Einige der bestehenden Hürden versucht das Bundesministerium der Finanzen nun mit einem gestern veröffentlichten BMF-Schreiben zu beseitigen.

Am gestrigen Nachmittag hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit einem Schreiben auf den Krieg in der Ukraine und die humanitäre Notlage vor Ort reagiert. Das BMF-Schreiben enthält umfassende Regelungen in Bezug auf die wichtigsten Fragen, die sich derzeit – vor allem NPOs – im Zuge der Hilfeleistung für die Opfer des Krieges stellen. Alle Regelungen gelten mit Rückwirkung zum 24. Februar 2022 – dem Tag des Überfalls auf die Ukraine – und (zunächst) bis zum 31. Dezember 2022. Einige der aufgeführten Maßnahmen sind aus vergangenen Krisensituationen bereits bekannt. Die wichtigsten Punkte haben wir nachstehend zusammengefasst:

Vereinfachte Zuwendungsnachweise für Spenden

Das BMF stuft den Krieg in der Ukraine als sog. Katastrophenfall im Sinne von § 50 Abs. 4, 5 EStDV ein und schafft hierdurch Erleichterungen in Bezug auf die zu erbringenden Zuwendungsnachweise: 
Unabhängig von der Zuwendungshöhe genügt ein vereinfachter Zuwendungsnachweis bei Zuwendungen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten, die auf Sonderkonten inländischer juristischer Personen des öffentlichen Rechts, inländischer öffentlicher Dienststellen oder amtlich anerkannter inländischer Verbände der Wohlfahrtspflege gezahlt werden. Demzufolge kann der (für die steuerliche Abzugsfähigkeit erforderliche) Nachweis durch Bareinzahlungsbelege, Kontoauszüge, Lastschriftbelege oder einem entsprechenden Ausdruck aus dem Online-Banking erbracht werden. Auf eine Bestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck kann insoweit verzichtet werden.

Nachweiserleichterungen gibt es zudem bei Konstellationen, in denen die Spenden zunächst über das Konto eines Dritten als Treuhänder (z. B. eines Arbeitgebers, der Spenden der Mitarbeiter sammelt und dann geschlossen weiterleitet) und erst dann an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, eine inländische öffentliche Dienststelle oder eine steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse gelangen. Hier genügt eine Zuwendungsbestätigung des Zuwendungsempfängers (Achtung: hier genügt kein vereinfachter Zuwendungsnachweis), wenn das Konto des Dritten als Treuhandkonto geführt wurde, die Zuwendung von dort an den Zuwendungsempfänger weitergeleitet wurde und diesem eine Liste mit den einzelnen Zuwendenden und ihrem jeweiligen Anteil an der Zuwendungssumme übergeben wurde.

Spendenaktionen, Engagement und Mittelweitergabe steuerbegünstigter Körperschaften

Steuerbegünstigten Körperschaften wird gestattet, Mittel zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten einzuwerben (!) und folgerichtig – auf der Grundlage ordnungsgemäßer Verausgabungsnachweise – an andere steuerbegünstigte Körperschaften weiterzugeben oder sogar selbst für die entsprechenden Zwecke zu verwenden, auch wenn sie nach ihrer Satzung an und für sich nicht die hierfür erforderlichen Zwecke (laut dem BMF wohl vor allem mildtätige Zwecke im Sinne von § 53 AO) fördern. Dies dürfte – jedenfalls gemeinnützigkeitsrechtlich – auch dann gelten, wenn die Satzung die Mittelweitergabe vorsieht, jedoch auf die eigenen Zwecke beschränkt.

Da das BMF im Kern vor allem die Erfüllung mildtätiger Zwecke im Sinne von § 53 AO für einschlägig hält, die in praxi allerdings oftmals Dokumentationsprobleme bei Förderungen mit Auslandsbezug mit sich bringen, hat man sich auch hier für Vereinfachungen entschieden: es ist kein Nachweis der (wirtschaftlichen) Hilfsbedürftigkeit der geförderten Personen erforderlich. Das BMF verweist insoweit auf Nr. 12 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 53 AO.

Konsequenterweise stellt das BMF zudem klar, dass auch bereits vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Zweckbindung unterliegen, ebenfalls ohne Vorhandensein entsprechender Satzungsregelungen (z.B. betreffend die Verfolgung mildtätiger Zwecke, § 53 AO) eingesetzt oder an andere steuerbegünstigte Körperschaften weitergeleitet werden können. Ebenso können auch Personal oder Räumlichkeiten entsprechend überlassen werden. 

Entgeltliche Zurverfügungstellung von Personal, Räumlichkeiten, Sachmitteln oder anderen Leistungen durch steuerbegünstigte Körperschaften

Das BMF-Schreiben ermöglicht steuerbegünstigten Körperschaften zudem, entgeltlich Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen in Bereichen zur Verfügung zu stellen, die für die Bewältigung der Auswirkungen und Folgen des Krieges in der Ukraine notwendig sind und diese Tätigkeit steuerlich als Zweckbetrieb im Sinne von § 65 AO zu behandeln. Dem ist auch der Betrieb von Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen zuzuordnen. Im Ergebnis führt die Einordnung als Zweckbetrieb dazu, dass die Inanspruchnahme des ermäßigten Umsatzsteuersatzes (bzw. je nach Konstellation auch einer Umsatzsteuerbefreiung) möglich ist und die generierten Erträge der steuerbegünstigten Körperschaft körperschaftsteuerfrei zufließen. 

Spenden von Unternehmen 

Einen neuen Weg geht das BMF mit der Öffnung der Möglichkeiten der Direkthilfe durch Unternehmen. Neben den üblichen Spendenmöglichkeiten hat sich das BMF erfreulicher Weise entschlossen unterstützungswilligen Unternehmen nunmehr auch aktive Hilfestellung zu bieten: 

Aufwendungen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten sind zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen, sofern sich die Unterstützung dem Sponsoring zuordnen lässt. Dies ermöglicht vor allem zweierlei: Zum einen ist es den Unternehmen möglich, steuerbegünstigten Körperschaften und Hilfsorganisationen quasi unbegrenzt Spenden zukommen zu lassen (keine Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs bei Sponsoring, so wie es beim klassischen Spendenabzug wäre). Außerdem können Unternehmen auch Spenden (auch in Gestalt von Aufwand- und Sachspenden) direkt in die Ukraine leiten, z. B. an dortige Organisationen aber auch in Eigenregie. Voraussetzung des Betriebsausgabenabzugs auf Ebene des Unternehmens ist, dass die Unterstützung der Betroffenen auch der Sicherung oder Erhöhung des unternehmerischen Ansehens dient. Diese Voraussetzung kann recht einfach erfüllt werden, indem das Unternehmen öffentlichkeitswirksam auf seine Unterstützung aufmerksam macht (z. B. auf der Homepage, in Internet- und Printmedien, Rundfunk, Fernsehen, etc.).

Konsequenterweise sieht das BMF-Schreiben auch Maßnahmen im Bereich der Umsatzsteuer vor. Stellen Unternehmen unentgeltlich Gegenstände und Personal für humanitäre Zwecke an Hilfsorganisationen oder Einrichtungen für geflüchtete Menschen und zur Versorgung Verwundeter bereit, ist von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abzusehen. Wenn schon beim Bezug von Leistungen klar war, dass diese an solche Hilfsorganisationen und Einrichtungen weitergegeben werden sollen, darf dennoch (aus Billigkeitsgründen) der Vorsteuerabzug erfolgen. Gleiches gilt auch bei der unentgeltlichen Bereitstellung von – ggf. zuvor angemietetem – Wohnraum (Hotelzimmern, Ferienwohnungen, etc.) durch Unternehmen.

Spenden von Arbeitslohn und Aufsichtsratsvergütungen

Zum Zwecke der Unterstützung können Arbeitnehmer auch auf die Auszahlung von Teilen ihres Arbeitslohns verzichten und zwar zugunsten 

  • einer Unterstützung des Arbeitgebers an vom Krieg in der Ukraine geschädigte Arbeitnehmer des Unternehmens (Konzerns) oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern oder
  • einer Zahlung des Arbeitsgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung oder Körperschaft im Sinne des § 10b Abs. 1 S. 2 EStG.

Bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns bleiben diese Lohnteile dann gänzlich außer Ansatz. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitgeber die Lohnanteile tatsächlich spendet und dies entsprechend dokumentiert. Im Regelfall ist der gespendete Arbeitslohn gleichwohl im Lohnkonto aufzuzeichnen (außer der Arbeitnehmer verzichtet ausdrücklich schriftlich hierauf). Die gespendeten, steuerfreien Lohnanteile dürfen im Zuge der Einkommensteuerveranlagung nicht nochmals als Spende berücksichtigt werden.

Das Vorstehende gilt ebenso in Bezug auf Aufsichtsratsvergütungen, auf die das Aufsichtsratsmitglied zugunsten eines Spendenempfängers vor Fälligkeit oder Auszahlung ganz oder teilweise verzichtet.

Spenden von Privatpersonen direkt in die Ukraine

Das BMF-Schreiben bietet für Spenden von Privatpersonen direkt in die Ukraine keine Erleichterungen. Diese stellen sich nach wie vor als steuerlich problematisch dar. Spenden an gemeinnützige Organisationen in der Ukraine (und damit in das EU- bzw. EWR-Ausland) können nicht als Sonderausgaben gem. § 10b Abs. 1 EStG im Rahmen der privaten Einkommensteuererklärung abgezogen werden. Private Spender, die im Hinblick auf die gegenwärtige Lage in der Ukraine unterstützen möchten, ist daher zu empfehlen, an inländische steuerbegünstigte Organisationen oder an anerkannte inländische Untergliederungen internationaler Hilfsorganisationen zu spenden. Das ermöglicht bzw. erleichtert den Nachweis für den Abzug der Spende im Rahmen des steuerlichen Sonderausgabenabzugs. 

Außerdem?

Zuletzt enthält das BMF-Schreiben auch Regelungen in Bezug auf juristische Personen des öffentlichen Rechts, zum Beispiel zur vorübergehenden (entgeltlichen) Unterbringung von Kriegsflüchtlingen und die Möglichkeit der Zuordnung zum hoheitlichen Aufgabenbereich (anstatt zu einem Betrieb gewerblicher Art). 

Unser Fazit: Die Inhalte des BMF-Schreibens sowie die rückwirkende Geltung ab Tag 1 des Konflikts, sind ausdrücklich zu begrüßen. Ob eine Erweiterung der Maßnahmen in faktischer oder zeitlicher Hinsicht erforderlich sein sollte, werden die kommenden Wochen bzw. Monate zeigen müssen. Soweit Sie Fragen zum BMF-Schreiben oder weiteren damit im Zusammenhang stehenden Einzelheiten haben oder Hilfe bei der Kommunikation mit den Finanzbehörden benötigen, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. 
 

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Dr. Axel Wenzel<br/>LL.M. (Norwich)

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