Private Clients14.06.2024 Newsletter
„Neue Wohngemeinnützigkeit“: Mehr als ein Papiertiger?
Jahrelang wurde um die Wiedereinführung der Förderung bezahlbaren Wohnraums im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrecht gerungen. Mit der Wiedereinführung sollte eine neue Dynamik in den Bau und der dauerhaften Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums erzeugt werden.
Am 5. Juni 2024 wurde nun der Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 veröffentlicht. Die Regelungen zur Wohngemeinnützigkeit bleiben dabei deutlich hinter den Erwartungen zurück und dürfte ihre Ziele verfehlen. Es bleibt zu hoffen, dass hier noch nachgebessert wird.
Wohngemeinnützigkeit: Worum geht es genau?
Die Wohngemeinnützigkeit gab es schon einmal: Mit dem Begriff der Wohngemeinnützigkeit ist gemeint, dass die Überlassung von Wohnraum zu einer vergünstigten Miete als gemeinnützig anerkannt wird. Unter den weiteren Voraussetzungen des Gemeinnützigkeitsrechts ist ein Vermieter, der Wohnraum vergünstigt überlässt, von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit.
Eine solche Regelung gab es bereits. Diese trug wesentlich zum Aufbau von Wohnraum nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bei. Sowohl im Hinblick auf die Steuermindereinnahmen als auch nach dem Skandal um eines der größten Wohnungsunternehmen, die „Neue Heimat“, wurde die Regelung 1990 abgeschafft.
Eckpunkte zur neuen Wohngemeinnützigkeit
Der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP sieht vor, eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg zu bringen. Die Bundesregierung hatte hierzu bereits im vergangenen Jahr ein Eckpunktepapier vorgelegt.
Darin wurden drei mögliche Umsetzungsoptionen vorgeschlagen.
Die erste Umsetzungsoption sah vor, dass Unternehmen bei einer vergünstigten Vermietung an eine bestimmte Zielgruppe als Kerngeschäft mit einer Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer rechnen können sollten. Im Gegenzug sollte der im Gemeinnützigkeitsrecht anzuwendende Grundsatz der Vermögensbindung gelten. Ausschüttungen sollten gleichwohl möglich, jedoch begrenzt sein. Flankierend dazu sollte es Zulagen durch den Staat geben.
Die zweite Umsetzungsoption sah vor, die Steuerbefreiung komplett im Gemeinnützigkeitsrecht zu verankern, in dem in den Katalog der steuerbegünstigten Zwecke auch „wohngemeinnützige Zwecke“ aufgenommen werden sollen. Eine weitere Förderung durch Zulagen erfolgt dagegen nicht. Anders als in der ersten Umsetzungsoption werden auch Ausschüttungen verboten.
Im Rahmen der dritten Umsetzungsoption wurde überlegt, eine teilweise Steuerbefreiung zu gewähren, wenn ein Unternehmen einen bestimmten Prozentsatz seines Wohnungsbestandes dauerhaft reduziert nach bestimmten „gemeinnützigen“ Kriterien vermietet.
Aktueller Regierungsentwurf
Die Bundesregierung hat sich nun für die zweite Umsetzungsoption entschieden. Der am 5. Juni 2024 veröffentlichte Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 enthält demnach lediglich eine Regelung zur Aufnahme vergünstigter Wohnraumüberlassung in den Katalog gemeinnütziger Zwecke. Dabei wird auf eine Festlegung der erforderlichen Vergünstigung verzichtet und lediglich geregelt, an welche Personengruppe vergünstigt vermietet werden darf. Eine flankierende Förderung durch Zulagen ist nicht geplant.
Kritik
Bereits im Eckpunktepapier wurde von der Bundesregierung selbst angemerkt, dass die zweite Umsetzungsoption möglicherweise nicht zielführend ist. Die selbständige wirtschaftliche Tragfähigkeit und Investitionsfähigkeit von Unternehmen allein auf Grundlage von steuerbefreiten Einkünften aus der vergünstigten Vermietung wäre fraglich.
Weiterhin dürfte auch das bestehende Ausschüttungsverbot nicht dazu anregen, dass sich große Wohnungsunternehmen von einem Teil ihres Wohnungsbestandes trennen, um diesen in eine gemeinnützige Körperschaft zu überführen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung die Schwächen erkennt und hier noch nachgebessert wird.