Arbeitsrecht18.03.2022 Newsletter

Neue Corona-Spielregeln am Arbeitsplatz zum Frühlingsbeginn

Pünktlich zum kalendarischen Frühlingsanfang sollen die Betriebe aus dem Corona-Winterschlaf geholt werden und die überwiegenden Corona-Maßnahmen am Arbeitsplatz entfallen. Dies haben der Deutsche Bundestag und der Bundesrat heute final beschlossen. Die bislang geltenden Regelungen des § 28b Infektionsschutzgesetz („IfSG“) sind damit weitestgehend außer Kraft getreten. Fast zeitgleich hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine ab dem 20. März 2022 geltende, neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung auf den Weg gebracht. Alexandra Groth und Moritz Coché geben einen Überblick, welche arbeitsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen ab dem 20. März 2022 gelten und was Arbeitgeber ggf. über die geltenden Regelungen hinaus weiter im Betrieb zur Anwendung bringen können.

Wegfall der Home-Office-Pflicht

Mit der Änderung des § 28b IfSG ist mit Wirkung zum Ablauf des 19. März 2022 die Home-Office-Pflicht entfallen. Arbeitgeber können dennoch über den 19. März 2022 hinaus im Einvernehmen mit den Beschäftigten bzw. in Abstimmung mit dem Betriebsrat weiterhin die Arbeit im Home-Office anbieten (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG).

Die ab dem 20. März 2022 geltende, neue Corona-ArbSchV sieht im Rahmen der Basisschutzmaßnahmen ausdrücklich vor, dass Arbeitgeber prüfen müssen, ob Beschäftigte bei Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten diese in ihren Wohnungen ausführen können. Arbeitgeber dürften damit über den 19. März 2022 hinaus gut beraten sein, wohlwollend Home-Office-Möglichkeiten unter Berücksichtigung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates anzubieten.

Keine Verlängerung für flächendeckende 3G-Pflicht am Arbeitsplatz

Einen Hauch Normalität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bringt der Wegfall der sog. betrieblichen 3G-Regelung ab dem 20. März 2022 mit sich. Arbeitnehmer müssen nunmehr keinen Impf- oder Genesenen-Nachweis bzw. eine aktuelle Bescheinigung über einen negativen Corona-Test mehr mitführen, wenn sie ihre Arbeitsstätte betreten. Damit werden Arbeitgeber von der Pflicht befreit, entsprechende Kontrollen durchzuführen und diese zu dokumentieren. Somit besteht grundsätzlich keine gesetzliche Zugangsbeschränkung zu der betrieblichen Arbeitsstätte mehr. Auch auf die bereits kontrollierten und dokumentierten Daten kann sich der Arbeitgeber nicht länger berufen, da diese mit Ablauf des 19. März 2022 gelöscht werden müssen. Gleichwohl können Arbeitgeber im Rahmen ihres Hausrechts grundsätzlich auch über den 20. März 2022 hinaus entsprechende Zugangsbeschränkungen zu der betrieblichen Arbeitsstätte anordnen.

Die einseitige Anordnung der Fortsetzung der betrieblichen 3G-Regelung ist in ihrer Umsetzung nicht unproblematisch, da die Kontrolle des Impf- und Genesenenstatus mit Wegfall der Eingriffsgrundlage des § 28b IfSG aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht länger zulässig sein wird. Praktisch können Arbeitgeber damit ab dem 20. März 2022 nicht länger den Impf- und Genesenenstatus ihrer Mitarbeitenden erfassen. Nur für Arbeitgeber im Bereich des Pflege-, Betreuungs- und Gesundheitswesens greift nach dem neu gefassten § 20a IfSG eine Nachweispflicht hinsichtlich des Immunitätsnachweises.

Da die Nachweispflicht im Bereich des Pflege-, Betreuungs- und Gesundheitswesens an eine tatsächliche Tätigkeit in der Einrichtung anknüpft, sind hiervon alle Beschäftigte betroffen, die in entsprechenden Einrichtungen eingesetzt werden, dazu gehören beispielsweise auch Reinigungspersonal oder Handwerker. Zu beachten ist, dass nicht der jeweilige Arbeitgeber den Immunitätsnachweis erfassen und verarbeiten darf, sondern nur die jeweilige Einrichtung, bei der der Arbeitnehmer zum Einsatz kommt.

Flächendeckend einfacher umsetzbar ist die Anordnung von Corona-Tests als Zugangsvoraussetzung zum Betrieb, die der Arbeitgeber nach wie vor aufgrund seines Hausrechtes unter Wahrung etwaiger Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates anordnen kann (§ 618 BGB, § 3 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz; vgl. auch Arbeitsgericht Offenbach, Urteil vom 3.2.2021, 4 Ga 1/21). Sollten Arbeitnehmer unberechtigt die ordnungsgemäße Anordnung des Arbeitgebers verweigern, riskiert der Arbeitnehmer, seine Arbeitsleistung nicht erbringen zu können und damit den Anspruch auf Lohn zu verlieren.

Basisschutzmaßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz

Unabhängig von arbeitgeberseitigen Anordnung von Corona-Tests als Zugangsvoraussetzung zum Betrieb, bleiben diese auch mit Inkrafttreten der neuen Corona-ArbSchV ein Mittel im Rahmen der Basisschutzmaßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz. Die neue Corona-ArbSchV erlegt Arbeitgebern im Rahmen der anzustellenden Gefährdungsbeurteilung zukünftig selbst die Prüfung auf, ob und welche der nachstehend aufgeführten Maßnahmen erforderlich sind, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten:

  1. Soweit Arbeitnehmer nicht ausschließlich im Home-Office arbeiten, hat der Arbeitgeber Beschäftigten das Angebot von wöchentlichen Corona-Tests anzubieten;
  2. Verminderung betriebsbedingte Personenkontakte, insbesondere durch Vermeidung oder Verringerung der gleichzeitigen Nutzung von Innenräumen durch mehrere Personen;
  3. Bereitstellung medizinischer Gesichtsmasken.

Zu den Basisschutzmaßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes gehören auch weiterhin die die bewährten AHA+L-Regeln, insbesondere die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Meter im Betrieb (Ziffer 2.7 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel). Bei den Maßnahmen sollen Arbeitgeber das regionale Infektionsgeschehen sowie besondere tätigkeitsspezifische Infektionsgefahren berücksichtigen.

Der Arbeitgeber hat damit weiterhin ein Hygienekonzept mit den erforderlichen Schutzmaßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz festzulegen und umzusetzen. In Betrieben mit Betriebsrat kann dies weiterhin nur unter Einbindung des Betriebsrates erfolgen (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG).

Freistellung von der Arbeitszeit für Impfungen

Auch nach dem 19. März 2022 müssen Arbeitgeber Arbeitnehmer von der Arbeit für Schutzimpfungen gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 freistellen. Der Arbeitgeber muss die Betriebsärzte weiterhin dabei unterstützen, Schutzimpfungen im Betrieb durchzuführen bzw. zu organisieren.

Laufzeit der neuen Regelungen

Soweit überhaupt noch betriebliche Regelungen zum Schutz vor einer Infektion mit dem Corona-Virus am Arbeitsplatz gelten, sind diese bis zum Ablauf des 25. Mai 2022 erneut befristet worden.

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Alexandra Groth

Alexandra Groth

PartnerinRechtsanwältinFachanwältin für Arbeitsrecht

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