Digital Business19.09.2023 Newsletter
Leistungsüberwachung im E-Sport-Training aus datenschutzrechtlicher Perspektive
Um die Leistungsfähigkeit der Spieler und das Spielverhalten zu optimieren, ist es im physischen Sport bereits gängige Praxis, während des Trainings generierte Leistungsdaten zu verarbeiten. Dieses Phänomen zeigt sich auch im Bereich E-Sport, wobei hier aufgrund der digitalen Leistungserbringung Leistungsdaten besonders einfach und umfangreich erhoben sowie verarbeitet werden können. Ob die Verarbeitung dieser Leistungsdaten rechtlich zulässig ist und warum es für unterschiedliche Arten der verarbeiteten Daten unterschiedliche Erlaubnistatbestände gibt, soll nachfolgend gezeigt werden.
Welche Daten werden verarbeitet?
Während des E-Sport-Trainings wird eine Vielzahl von Daten erhoben. Einerseits kann das Spiel an sich aufgezeichnet werden. Das umfasst auch die Kommunikation im Team. Über Eyetracking kann zudem das Wahrnehmungsfeld des E-Sportlers und dessen Fokussierung auf das Bildschirmgeschehen aufgezeichnet und analysiert werden. Daneben wird oftmals auch die Klickgeschwindigkeit und das Eingabeverhalten erfasst. Auch Körpersensoren können zum Einsatz kommen, um eine Erhebung der Vitaldaten (z.B. Herzfrequenz) zu ermöglichen. Sinn und Zweck der Erfassung ist es, diese dem E-Sportler konkret zuzuordnen, um dessen Trainingsbedarf und Trainingsfortschritt optimal zu steuern. Es handelt sich bei diesen Daten mithin um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Sofern Vitaldaten erhoben werden, unterfallen diese als Gesundheitsdaten sogar dem besonderen Schutz von Art. 9 Abs. 1 DSGVO.
Welche Rechtsgrundlagen ermöglichen die Datenverarbeitung?
Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten unterliegt grundsätzlich einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die hier skizzierte Verarbeitung kann dabei überwiegend auf die Erlaubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 DSGVO im Hinblick auf die "normalen" Leistungsdaten und in Bezug auf die besonders sensiblen Vitaldaten auf Art. 9 Abs. 2 DSGVO gestützt werden. Darüber hinaus sind auch Regelungen des BDSG zu beachten, sofern man im Rahmen des konkreten Einzelfalls zu einer Einordnung des E-Sportlers als Beschäftigten gelangt (zu diesem Thema existieren aber bereits hinreichende Veröffentlichungen, beispielhaft sei auf Schlotthauer in: Maties, StichwortKommentar eSport-Recht, eSportler, Arbeitnehmereigenschaft verwiesen.).
- Betrachtet man die "normalen Leistungsdaten", lässt sich eine Verarbeitung entweder über Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO oder über Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO rechtfertigen. Dabei ist für eine Rechtfertigung der Verarbeitung über Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO maßgeblich, ob die Verarbeitung zur Vertragsdurchführung „erforderlich“ ist. Ein Begründungsansatz für die Annahme einer Erforderlichkeit besteht dann, wenn die Pflicht zum Training und dessen Analyse zu den vertraglichen Kernpflichten des Vertrags zwischen E-Sportler und seinem Clan / der Organisation einzuordnen wäre. Jedenfalls wird man aber regelmäßig überwiegende berechtige Interessen des Clans / der Organisation annehmen können, da die Verarbeitung dieser Leistungsdaten zur gezielten Leistungs- und Trainingssteuerung erforderlich ist. Die Verarbeitung lässt sich also jedenfalls auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO stützen.
- Die Verarbeitung von Vitaldaten, also "besonderen Leistungsdaten" unterliegt jedoch höheren Anforderungen. Die Rechtfertigungsgründe des Art. 9 Abs. 2 DSGVO enthalten keine mit Art. 6 Abs. 1 lit. b und lit. f vergleichbaren Regelungen. Eine Möglichkeit wäre der Rückgriff auf eine Einwilligung (Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO), wobei es in diesem Zusammenhang äußerst fraglich ist, ob hier das Merkmal der "Freiwilligkeit" der Einwilligung erfüllt ist, gerade bei Einordnung des E-Sportlers als Beschäftigten und dem daraus resultierenden Über- und Unterordnungsverhältnis.
- Denkbar ist es daneben, die Verarbeitung der Vitaldaten auf § 26 Abs. 3 BDSG (i.V.m. Art. 88 DSGVO) zu stützen. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass die Verarbeitung zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist. Ob eine solche Verarbeitung auf Grundlage des "Arbeitsvertrags" eine Erfüllung einer rechtlichen Pflicht aus dem Arbeitsrecht darstellt, ist noch nicht abschließend geklärt. Damit droht das Risiko der rechtsgrundlosen Verarbeitung.
Fazit
Um nochmals die Ausgangsfrage aufzugreifen: Die Verarbeitung von normalen Leistungsdaten im Zusammenhang mit E-Sport-Trainings findet hinreichende Rechtsgrundlagen im Gesetz. Sollen darüber hinaus noch Vitaldaten oder besonders sensible Daten i.S.d. Art. 9 Abs. 1 DSGVO verarbeitet werden, wird man wohl auf eine Einwilligung zurückgreifen müssen. Hierbei muss sichergestellt werden, dass die Einwilligung freiwillig erteilt wird. Das kann im Grundsatz dadurch erfolgen, dass diese zusätzliche Erfassung optional ausgestaltet wird und dem ablehnenden E-Sportler keine Nachteile drohen.
Im Übrigen sind bei der Erfassung der Leistungsdaten die allgemeinen datenschutzrechtlichen Pflichten zu beachten. Dies bedeutet insbesondere, dass die E-Sportler über die Verarbeitungsvorgänge ordnungsgemäß informiert werden und die Leistungsdaten bei Zweckfortfall umgehend gelöscht werden.
Christian Saßenbach
LL.M. (Norwich), CIPP/E
AssociateRechtsanwalt
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