Arbeitsrecht09.12.2021 Newsletter
Homeoffice: Anspruch gegen die gesetzliche Unfallversicherung
Der Weg zum Arbeitsantritt im Homeoffice steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das galt bereits vor der Neufassung des § 8 SGB VII, so das Bundessozialgericht (BSG) am gestrigen Tage (Urteil vom 8. Dezember 2021 - Az. B 2 U 4/21 R).
Was war passiert?
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall war der Kläger als angestellter Gebietsverkaufsleiter im Außendienst bereits vor Pandemiebeginn im Homeoffice tätig.
Eines Morgens begab sich der Kläger direkt nach dem Aufwachen – wie üblich – von seinem Schlafzimmer aus auf den Weg in die eine Etage tiefer gelegene heimische Arbeitsstätte zur für diesen Tag erstmaligen Arbeitsaufnahme. Auf der die Räume verbindenden Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich dabei einen Brustwirbel.
Der beklagte Unfallversicherungsträger lehnte Leistungen aus Anlass des Unfalls ab und verwies darauf, dass der Versicherungsschutz in einer Privatwohnung erst mit Erreichen des häuslichen Arbeitszimmers beginne, sofern es sich dabei um die erstmalige Arbeitsaufnahme handele.
Der Kläger obsiegte zunächst in erster Instanz vor dem Sozialgericht Aachen, das den Sturz auf der Treppe als Arbeitsunfall bewertete und dem Kläger Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusprach. In zweiter Instanz jedoch entschied das LSG Nordrhein-Westfalen auf Berufung der Berufsgenossenschaft, der erstmalige morgendliche Weg ins Homeoffice sei kein Betriebsweg, sondern vielmehr eine unversicherte Vorbereitungshandlung, die der eigentlichen versicherten Tätigkeit nur vorausgehe.
Mit seiner Revision zum BSG war der Kläger nun schlussendlich erfolgreich.
BSG: Auch der Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme als Betriebsweg versichert
Das BSG griff in seiner gestrigen knapp formulierten Pressemitteilung auf früher entwickelte Grundsätze zurück und stellte dabei fest, dass ein nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII a.F. versicherter Betriebsweg auch im häuslichen Bereich denkbar sei, wenn sich Wohnung und Arbeitsstätte im selben Gebäude befinden.
Das Beschreiten der Treppe ins Homeoffice habe nach den verbindlichen Feststellungen des LSG allein der erstmaligen Arbeitsaufnahme gedient und sei deshalb als Verrichtung im Interesse des Arbeitgebers als Betriebsweg versichert gewesen.
Ausblick
Die jüngst ergangene Entscheidung des BSG ist mit Hinblick auf die vor dem 18. Juni 2021 geltende Rechtslage brisant, insoweit als die nach der alten Gesetzeslage der Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme in den eigenen vier Wänden nicht unter dem Deckmantel der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Das BSG gleicht nun die Altregelung in § 8 SGB VII an die Neuregelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII an, um auf diese Weise auch der aktuell geltenden Pandemielage gerecht zu werden.