Arbeitsrecht25.08.2020 Newsletter

Homeoffice – Aktuelle Schwerpunkte

Das Arbeiten außerhalb der betrieblichen Umgebung hat in den vergangenen Monaten der Pandemie nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass mit Ausnahme bestimmter Branchen große Teile der deutschen Wirtschaft trotz Lockdown arbeitsfähig blieben. Als sich Mitte März 2020 abzeichnete, dass das Land zum Stillstand kommen würde, erfolgte in kürzester Zeit der Wechsel zur mobilen Arbeit in bis dahin unbekanntem Ausmaß. In großem Umfang erbrachten und erbringen Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung seither im Homeoffice.

Die Arbeit im Homeoffice ist für viele inzwischen zum Alltag geworden. Dieser Alltag führt aber auch zu vermehrten Fragestellungen. Zudem thematisieren die nun freigegeben SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ausdrücklich das Homeoffice, so dass Anlass besteht, auf die aktuellen Schwerpunkte einzugehen.

1. Arbeitsschutzrechtliche Verantwortung des Arbeitgebers

Die Regelungen der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) finden auf das Arbeiten von zu Hause Anwendung, wenn ein Telearbeitsplatz im Sinne des § 2 Abs. 7 ArbStättV eingerichtet wurde. Telearbeitsplätze sind aber nur solche, die vom Arbeitgeber im Privatbereich des Arbeitnehmers fest eingerichtet wurden, für die der Arbeitgeber also in eigener Verantwortung die Ausstattung einschließlich des Mobiliars, der Arbeitsmittel und der Kommunikationseinrichtungen hat installieren lassen. Zusätzlich erfordert ein Telearbeitsplatz im Sinne der ArbStättV eine vorherige Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber.

Mit der Ziffer 2.2 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel ist klargestellt, dass das in der derzeitigen pandemischen Lage häufig praktizierte Homeoffice eine Form der mobilen Arbeit ist, bei der der Arbeitnehmer zeitweilig im Privatbereich tätig ist, soweit keine Telearbeit vorliegt. Für diese Verrichtung der mobilen Arbeit werden – in der Regel – tragbare IT-Systeme (Notebooks) genutzt.

Der Arbeitgeber kann sich seiner grundsätzlichen Verantwortung, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen (vgl. § 3 ArbSchG), nicht durch eine Verlagerung von Arbeit in das Homeoffice entziehen. Wie sich die erforderlichen Maßnahmen bei Arbeiten im Homeoffice allerdings konkret ausgestalten, ist auch von der rechtlichen Einordnung der Tätigkeit aus dem Homeoffice abhängig.

Für die Arbeit im Homeoffice sind im Besonderen die Vorgaben der §§ 15, 16 ArbSchG maßgeblich. Der Arbeitnehmer muss zu Hause gemäß den Weisungen des Arbeitgebers für seine eigene Sicherheit und Gesundheit sorgen und die ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel bestimmungsgemäß nutzen. Er muss darüber hinaus den Arbeitgeber bei der Erfüllung der Arbeitsschutzpflichten unterstützen. Insoweit obliegt es zunächst dem Arbeitgeber Weisungen aufzustellen.

Die in der aktuellen Lage zu berücksichtigenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln sind – so die Vorgabe des BMAS - eine Konkretisierung bestehender arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben. Mit der Ziffer 4.2.4 stehen dabei Vorgaben an die Unterweisung der Arbeitnehmer im Homeoffice u.a. für einzuhaltende Arbeitszeiten oder auch ergonomische Arbeitsplatzgestaltung im Raum.

Insgesamt besteht allerdings ein Dilemma des Arbeitgebers: Die Wohnung des Arbeitnehmers und die Privatsphäre des Arbeitnehmers genießen den besonderen Schutz des Grundgesetzes. Der Arbeitgeber ist somit faktisch wie rechtlich daran gehindert, ohne Zustimmung des Arbeitnehmers notwenige Arbeitsschutzmaßnahmen im Homeoffice zu identifizieren, umzusetzen oder auch nur zu kontrollieren.

2. Aufwendungsersatzansprüche des Arbeitnehmers

Auch die Frage nach etwaigen Aufwandsersatzansprüchen des Arbeitnehmers wird zunehmend virulent. Nutzt der Arbeitnehmer hauptsächlich seine privaten Räumlichkeiten, sieht sich der Arbeitgeber alsbald mit Forderungen nach einer Aufwandsentschädigung oder einer Nutzungspauschale konfrontiert. Auch die anfallenden Verbrauchsnebenkosten wie Strom, Heizung oder Telefon werden oftmals thematisiert.

Nicht nur die anteiligen Kosten für Telekommunikation dürften indes angesichts von heute üblichen „flatrates“ kaum zu beziffern sein; auch eine detaillierte Abrechnung der anteiligen Verbrauchskosten erscheint kaum möglich. Und selbst bei Anschaffung neuer Arbeitsmittel, wie z.B. Büromöbeln oder Bildschirmen, besteht oftmals ein nicht unerhebliches eigenes Interesse des Arbeitnehmers.

Von einer pauschalen Regelung sollte daher abgesehen werden. Zum einen haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, steuerliche Pauschalen zu nutzen (vgl. https://www.oppenhoff.eu/de/news-detail/steuerliche-aspekte-des-remote-arbeitens-homeoffice). Zum anderen ziehen Arbeitnehmer aus der Nutzung des Homeoffice auch weitere – kaum bezifferbare – Vorteile, da bspw. der zeitliche Aufwand für die Fahrtstrecke zwischen Wohnort und Arbeitsplatz entfällt.

3. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

Zeigten sich die Arbeitnehmervertreter zu Beginn der Pandemie lösungsorientiert und unterstützten pragmatisch die „Verlagerung“ von Arbeitsplätzen ins den häuslichen Bereich, machen sie nach einigen Monaten des Homeoffice nun ihre Mitbestimmungsrechte geltend. Auch wenn ein Betriebsrat kein umfassendes und einheitliches Mitbestimmungsrecht bei Regelungen zum Homeoffice oder gar ein Initiativrecht hat, ergeben sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eine Vielzahl einzelner Mitbestimmungsrechte. Diese resultieren aus allen Bereichen der Betriebsverfassung: So erfordert § 87 BetrVG als zentrale Vorschrift der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten die zwingende Beteiligung des Betriebsrates in Fragen der Arbeitszeit, der technischen Einrichtungen und des Gesundheitsschutzes.

In personellen Angelegenheiten gilt ein Zustimmungsrecht des Betriebsrats bei Versetzungen (§ 99 BetrVG). Mag auch die Mitbestimmung des Betriebsrates angesichts der großen Dynamik im Frühjahr beim Wechsel in das Homeoffice keine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben, so rücken verstärkt neue Fragestellungen in den Vordergrund: Löst die Anordnung des Arbeitgebers, nunmehr an den betrieblichen Arbeitsplatz zurückzukehren, erneut ein Zustimmungsrecht des Betriebsrats aus? Wie hat der Betriebsrat mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber lediglich Teile der Belegschaft alternierend in den Betrieb zurückholt?

Schließlich können die möglicherweise dauerhaften Veränderungen der betrieblichen Struktur durch Einrichtung oder auch Abschaffung von Homeofficemöglichkeiten auch Mitbestimmungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten nach § 111 ff. BetrVG auslösen. Dieses ist insbesondere für den Fall anerkannt, dass der Arbeitgeber die echte Telearbeit als Arbeitsform einführen will.

4. Datenschutz / IT-Sicherheit

Datenschutzrechtliche Erwägungen bei der Nutzung von ggf. privater Hard- und Software bleiben überdies von großer praktischer Relevanz und erfordern eindeutige Vorgaben durch den Arbeitgeber. Dieser ist und bleibt der derjenige, der nach der DSGVO verpflichtet ist, angemessene technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten zu treffen. Für das Homeoffice muss der Arbeitgeber damit den Zugangs- und Zugriffsschutz für dienstliche Geräte und Unterlagen klar durch entsprechende Richtlinien vorgeben. Erhöhte Anforderungen für die Arbeit im Homeoffice gelten in dem Zusammenhang für Berufsgeheimnisträger. Ein allzu sorgloser Umgang mit Daten löst zusätzliche Strafbarkeitsrisiken aus (vgl. § 203 StGB).

In den letzten Monaten haben zudem sog. Covid-19 Cyberangriffe die Runde gemacht. Einen Schwerpunkt dieser Cyberangriffe bildet das Social Engineering, was darauf angelegt ist, vom Arbeitnehmer vertrauliche Informationen zu erlangen. Für Unternehmen steht daher auch im Vordergrund, die Arbeitnehmer fortlaufend zu sensibilisieren und zu schulen.

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Kathrin Vossen

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