Außenhandel / Compliance & Internal Investigations27.06.2024 Newsletter
EU beschließt 14. Sanktionspaket gegen Russland
Die EU hat mit einiger Verzögerung am 24. Juni 2024 das vierzehnte Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Hiermit hat die EU weitere natürliche und juristische Personen sanktioniert, die Embargos erweitert und weitere Maßnahmen zur Umgehung von Sanktionen beschlossen. Die erwartete Ausweitung der Haftung für ausländische Tochtergesellschaften hat aber keinen Eingang in die neuen Verordnungen gefunden.
Sanktionierung von 116 weiteren natürlichen und juristischen Personen
Teil des neuen Pakets sind Sanktionen gegen weitere 47 Unternehmen und 69 Personen.
Einführung weiterer Embargos
Im Rahmen des neuen Sanktionspakets wird die Liste der Güter, die zum militärischen und technologischen Aufbau Russlands oder zur Entwicklung seines Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen, erweitert. Weitere Güter mit doppeltem Verwendungszweck und fortgeschrittene Technologie (z. B. Mikrowellen- und Antennenverstärker, Flugdatenschreiber und geländegängige Fahrzeuge), Chemikalien (z. B. Mangan), Kunststoffe, Fahrzeugteile und Maschinen unterliegen jetzt Ausfuhr-, Verkauf und Lieferbeschränkungen (Embargo).
Maßnahmen zur Vermeidung der Sanktionsumgehung
Die EU plante das Reexportverbot des Art. 12g Verordnung (EU) Nr. 833/2014 auf alle Güter und Technologien (sog. "No Russia"-Klausel) zu erweitern. Diese Erweiterung und die damit verbundene Haftung wurde schließlich – auch auf Drängen Deutschlands hin – aus dem Sanktionspaket gestrichen. In der Vorbereitung des 14. Sanktionspakets wurde diskutiert, Tochterfirmen von EU-Unternehmen, die sich selbst in Drittstaaten befinden, zu verpflichten, den Reexport ihrer Waren nach Russland vertraglich zu verbieten. Diese Maßnahme sollte verhindern, dass Russland zivil wie militärisch nutzbare Güter aus EU-Produktion über Drittstaaten wie Kasachstan, die Türkei oder China bezieht. Diese Maßnahme sah auch eine absolute Haftung für Handlungen der Tochterfirmen in Drittstaaten vor, die gegen diese Pflicht verstoßen – unabhängig vom Grad der Kontrolle der Muttergesellschaft über diese Tochter.
Gemäß der finalen Fassung der Verordnung müssen Unternehmen, die gemeinsam vorrangige Güter gem. der Liste in Anhang XL ("Common High Priority" (CHP) Gütern (z. B. elektronisch integrierte Schaltungen, Halbleiterbauelemente oder Kugellager) exportieren oder industrielles Know-hows übertragen, künftig gem. Artikel 12ga und 12gb die konzernweite Compliance garantieren.
Bemühenspflicht zu konzernweiter Compliance
Die Verordnung enthält – entgegen der Spekulationen im Laufe des Beschlussverfahrens – keine absolute Haftung für Handlungen von ausländischen Tochterunternehmen, die gegen die Sanktionen verstoßen. Allerdings sieht die Verordnung nun vor, dass EU-Personen sich nach besten Kräften bemühen müssen, sicherzustellen, dass sich außerhalb der Union niedergelassene juristische Personen, die sich in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle befinden, nicht an Handlungen beteiligen, die die restriktiven Maßnahmen gemäß dieser Verordnung untergraben („best efforts“).
Die Verordnung stellt noch einmal klar, dass sie nur innerhalb der in Artikel 13 festgelegten Anwendungsgrenzen gilt. Da Wirtschaftsteilnehmer aus der Union aber unter Umständen maßgeblichen Einfluss auf das Verhalten einer außerhalb der Union niedergelassenen juristischen Person, Organisation oder Einrichtung nehmen können, sollen sie ihren Einfluss nutzen, um Handlungen zu verhindern, mit denen die restriktiven Maßnahmen untergraben werden. Andernfalls können sie für entsprechende Handlungen verantwortlich gemacht werden.
Dies setzt aber stets voraus, dass die EU-Person maßgeblichen Einfluss hat und diesen auch wirksam geltend machen kann. Die EU selbst geht davon aus, dass ein maßgeblicher Einfluss nicht immer ausgeübt werden kann, etwa, weil Rechtsvorschriften eines Drittlands die EU-Person daran hindern.
Sanktionen im Transportsektor
- Sanktionen im Seeverkehr – sektorales Zugangsverbot für sanktionierte Schiffe
Ab sofort verweigert die EU Schiffen, die zur russischen Kriegsführung beitragen oder die zu Putins Schattenflotte gehören, den Zugang zu europäischen Häfen und jegliche Dienstleistungen. Die Maßnahme soll verhindern, dass die bereits beschlossenen Sanktionen umgangen werden.
- Sanktionen im Flugverkehr - für Flüge
Verbot von Nichtlinienflügen, wenn eine russische Person über den Start- oder Zielort entscheidet
- Sanktionen im Straßenverkehr - Gütertransport auf der Straße
Verschärfung des bestehenden Verbots des Gütertransports auf der Straße in der EU, einschließlich des Transits, für EU-Unternehmen, die zu 25 % oder mehr im Besitz von russischen Personen sind.
weitere Maßnahmen
- Zusätzliche Einfuhrbeschränkungen
Das im 12. Sanktionspalet beschlossene Einfuhrverbot für Diamanten ist konkretisiert worden. Die Einfuhr von Helium ist nunmehr verboten.
- Sanktionen im Energiesektor // für LNG
In EU-Häfen darf kein russisches LNG für den Transport in Drittstaaten umgeladen werden. Damit ist nur der Reexport in andere Länder verboten, der Ankauf von russischem LNG bleibt erlaubt. Russisches LNG darf auch nicht mehr nach bestimmten Terminals eingeführt werden, die nicht an das Gasfernleitungsnetz der EU angebunden sind. Außerdem werden neue Investitionen und die Bereitstellung von Gütern, Technologien und Dienstleistungen für die Fertigstellung von im Bau befindlichen LNG-Projekten wie "Arctic LNG 2" und "Murmansk LNG" verboten.
- Sanktionen im Finanzsektor
EU-Banken ist es verboten außerhalb von Russland das Finanznachrichtensystem SPFS - das russische Pendant zu SWIFT - zu nutzen. Zudem sind Transaktionen mit Banken und Anbietern von Kryptowährungen in Russland und bestimmten Drittländern untersagt.
- Finanzierungsverbot
Politischen Parteien, Nichtregierungsorganisationen und Mediendienstleistern dürfen nicht durch den russischen Staat und seine Bevollmächtigten finanziert werden.
Inkrafttreten des Sanktionspakets
Die Änderungen des vierzehnten Sanktionspaktes gegen Russland ist am 24. bzw. 25. Juni 2024 in Kraft getreten. Die Nutzung von EU-Häfen für die Umladung von russischem Flüssigerdgas wird erst nach einem Übergangszeitraum von neun Monaten verboten.
Was sollten Unternehmen jetzt tun?
Wie auch bei den bisherigen Sanktionspaketen müssen Unternehmen in Zukunft prüfen, ob bestehende sowie neue Geschäftskontakte nunmehr sanktioniert sind und ihre Güter von einem Embargo betroffen sind. Unternehmen müssen bzgl. ihrer Tochterunternehmen im Ausland die Sorgfaltspflichten bei CHP-Gütern und technischem Know-How und die Bemühenspflichten bei allen anderen Gütern beachten.