Handel und Konsumgüter16.10.2020 Newsletter

„E-Food“: Was Betreiber über die Platform-to-Business-Verordnung wissen sollten

Beeinflusst durch COVID-19 boomt die Lebensmittelindustrie. Lebensmittel werden messbar häufiger online bestellt. „E-Food“ ist Trend: Es bezeichnet den Kauf und Verkauf von Lebensmitteln über digitale Vertriebskanäle. Davon machen nicht nur Privatpersonen Gebrauch. Auch immer mehr Unternehmen besetzen dieses Geschäftsgebiet.

Doch Vorsicht: Beim Aufbau von E-Food-Vertriebsstrukturen gibt es einige zu beachtende Punkte für Unternehmen. Insbesondere die Platform-to-Business-Verordnung („P2B-VO“) findet unter bestimmten Umständen Anwendung.

Wer muss die Vorgaben der P2B-VO beachten?

Die P2B-VO trat am 12. Juli 2020 in Kraft und beschäftigt seither Plattformen für Onlinehandel und Anbieter von Suchmaschinen. Die Verordnung soll Transparenz und Fairness für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten und Suchmaschinen stärken. Vernetzen sich Konsumenten mit Anbietern entgeltlicher Leistungen, fällt Plattform-Betreibern eine bedeutende Marktmacht zu: Produktplatzierungen und Rankings haben erheblichen Einfluss auf das Konsumverhalten der Verbraucher und so auf die Gewinnerwartungen der Anbieter.

Unter Online-Vermittlungsdienste im Sinne der Verordnung fallen Betreiber von Plattformen, die darauf ausgerichtet sind, Geschäfte zwischen den gewerblichen Nutzern und Verbrauchern zu vermitteln (z. B. Ebay). Betroffen sind beispielsweise Marketplaces und Preisvergleichsportale. Ausgenommen sind u. a. Peer-to-Peer-Plattformen (z. B. Airbnb), sofern keine gewerblichen Anbieter eingeschaltet sind.

E-Food-Anbieter sind nicht zwangsläufig an die P2B-VO gebunden. Der Online-Einzelhandel, d. h. B2C-Geschäft in Form von virtuellen Supermärkten, fällt in der Regel nicht unter die P2B-Verordnung, da überwiegend keine gewerblichen Nutzer involviert sind. Anders sieht dies bei B2B-Vertriebsplattformen aus. Plattformansätze, auf welche die P2B-VO Anwendung findet, sind im Lebensmittel-Onlinehandel bisher noch keine verbreitete Option. Doch das Geschäft über Plattformen nimmt Fahrt auf: So gibt es bereits E-Marketplace-Betreiber, die Lebensmittel in ihr Portfolio aufnehmen, wie beispielsweise Amazon. Wird eine neue Online-Plattform zum Vertrieb von E-Food konzipiert und gewerbliche Nutzer involviert sind, spricht vieles dafür, dass sie den Anforderungen der P2B-VO gerecht werden muss.

Was müssen Unternehmen bei der P2B-VO beachten?

Die P2B-VO fordert insbesondere eine klare und verständliche Formulierung der AGB. Wichtig ist hierbei die Bereitstellung der wichtigsten Informationen für den Vertragspartner und die Vermeidung irreführender Formulierungen. Darüber hinaus schreibt die Verordnung die Verfügbarkeit der AGB bzgl. vorhandener wie potenzieller zukünftiger Nutzer vor. Ferner müssen Plattformbetreiber nun genau begründen, unter welchen Umständen einzelne Waren oder Dienstleistungen von Händlern eingeschränkt oder Händler sogar gesperrt werden. Die Anbieter sind zur Darstellung der bestimmenden Hauptparameter ihrer Rankings verpflichtet: Sie müssen die Gründe für die relative Gewichtung der Hauptparameter gegenüber sonstigen Parametern offenlegen.

Zusätzlich ist die Einrichtung eines internen Systems zur Bearbeitung von Beschwerden gewerblicher Nutzer innerhalb eines angemessenen Zeitraums verpflichtend. Die Nutzung dieses Systems muss kostenlos und leicht zugänglich sein. Darüber hinaus sind Anbieter angehalten, die Effizienz des Systems jährlich auszuwerten sowie entsprechende Ergebnisse zu veröffentlichen. Über den Zugang zum internen Beschwerdemanagementsystem und dessen Funktionsweise muss der Anbieter in seinen AGB informieren.

In Ergänzung des internen Beschwerdemanagementsystems sind die Anbieter von Online- Vermittlungsdiensten dazu verpflichtet, sich nach Treu und Glauben an allen Mediationsversuchen von Nutzern zu beteiligen.

Was empfehlen wir?

Unternehmen, die eine Online-Plattform zum Vertrieb von E-Food aufbauen, sollten prüfen (lassen), ob ihr konkretes Geschäftsmodell der P2B-VO unterfällt. Sofern das zu bejahen ist, müssen ihre AGB verordnungskonform sein. Darüber hinaus sollten die Unternehmen auf die Anforderungen an bereitzustellende außergerichtliche Streitbeilegungsmethoden eingehen und die Offenlegung ihrer Ranking-Methoden sicherstellen.

Nachstehend finden Sie eine kurze Checklist zu den wichtigsten zu beachtenden Punkten der P2B-VO:

  • AGB präzisieren: Insbesondere die Angabe von Begründungen bezüglich den Nutzern auferlegten Beschränkungen der Nutzung anderer Vertriebskanäle verdient in Bezug auf so genannte Bestpreisklauseln besondere Beachtung. Begründung und Beschreibung der Bevorzugung eigener/dritter Produkte sind einzufügen.
  • Offenlegung von Ranking-Methoden: Plattformbetreiber müssen sowohl Kriterien der Listung wie auch die Gründe für die Verwendung dieser Kriterien öffentlich erklären. Außerdem ist darüber aufzuklären, wie Nutzer direkt oder indirekt Einfluss auf die Listung nehmen können.
  • Interne Prozesse bei Einschränkung, Aussetzung und Beendigung des Dienstes gegenüber einzelnen Nutzern sollten entwickelt und implementiert werden. Es sind interne kostenfreie Systeme für Beschwerden gewerblicher Nutzer einzurichten, wodurch kurzfristig Klärung und Abhilfe bei Beschwerden ermöglicht werden. Außerdem sind mindestens zwei Mediatoren für Mediationsverfahren in den AGB anzugeben.

Die Verordnung selbst sieht keine Sanktionsmöglichkeiten vor. Jedoch sollen die Mitgliedsstaaten ihrerseits Mechanismen zur Durchsetzung der Verordnung erlassen. Ferner können insbesondere Verbände gegen die Unternehmen vorgehen (vgl. Art. 14 P2B-VO). Wir raten daher dringend, die P2B-VO in den erläuterten Konstellationen zu beachten. Gerne beraten wir Sie bei Bedarf näher dazu.

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Dr. Anna-Gesine Köpp

Dr. Anna-Gesine Köpp

Junior PartnerinRechtsanwältin

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