12.04.2019 Newsletter
Dr. August Wolff erstreitet nach 14 Jahren mit Oppenhoff & Partner Urteil vor EuGH um Medikamenten-Zulassung
Ein vierzehn Jahre andauernder Rechtsstreit um Zulassungsbeschränkungen des Medikaments Linoladiol N der Dr. August Wolff GmbH & Co. KG Arzneimittel fand Ende März 2019 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) sein Ende. Nach Auffassung des EuGH unterlief dem Ausschuss für Humanarzneimittel bei der Erstellung eines Gutachtens bezüglich der Sicherheit des Medikaments ein Rechtsfehler: Die Unparteilichkeit der Hauptberichterstatterin konnte nicht gewährleistet werden. Dies führte in letzter Instanz dazu, dass der auf dem Gutachten basierende Beschluss der EU-Kommission, der die Zulassung des betreffenden Medikaments sehr stark eingeschränkt hatte, aufgehoben und für nichtig erklärt wurde.
Linoladiol N ist ein Estradiol-haltiges, verschreibungspflichtiges Medikament, das zur Behandlung atrophischer Beschwerden bei Frauen nach den Wechseljahren dient. Nach der Erstzulassung 1978 in Deutschland versagte 2005 das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Nachzulassung. Dagegen klagte die Zulassungsinhaberin Dr. August Wolff, vertreten durch Peter Klappich, Rechtsanwalt und Partner bei Oppenhoff & Partner, zunächst vergeblich vor dem Verwaltungsgericht Köln, das die Klage abwies.
Nach Aufhebung dieses Urteils durch das Oberverwaltungsgericht Münster und Erteilung der Nachzulassung im März 2013, beschloss die Europäische Kommission auf Antrag des BfArM im August 2014 jedoch unter anderem gravierende Einschränkungen der Zulassung. Hiergegen erhob Dr. August Wolff Klage zum Europäischen Gericht (EuG) unter anderem mit der Begründung, ein dem Beschluss zugrunde liegendes Gutachten sei nicht objektiv erstellt worden: Die Hauptberichterstatterin handelte in doppelter Funktion, da sie auch Mitarbeiterin des BfArM war – derjenigen Behörde, die das Überprüfungsverfahren um Linoladiol N vor dem Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) eingeleitet und die Zulassung für Linoladiol N ursprünglich nicht verlängert hatte. Das EuG wies die Klage in erster Instanz ab.
Dagegen legte Dr. August Wolff Berufung zum EuGH ein. Der EuGH folgte der Auffassung von Dr. August Wolff und wertete die Bestellung der BfArM-Mitarbeiterin zur Hauptberichterstatterin als Verletzung des in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatzes der sorgfältigen und unparteiischen Prüfung. Er hob deshalb das Urteil des EuG von Oktober 2016 auf und erklärte den Beschluss der EU-Kommission für nichtig. Linoladiol N darf nun weiter wie bisher angewendet werden.
Peter Klappich, Oppenhoff & Partner: „Das Urteil ist insofern bedeutsam, als der EuGH klargestellt hat, dass die objektive Unparteilichkeit beeinträchtigt sein kann, wenn ein Interessenkonflikt zu einer Ämterkollision führen kann. In dem entschiedenen Fall hätte der Ausschuss für Humanarzneimittel den Umstand berücksichtigen müssen, dass es das BfArM abgelehnt hatte, die Zulassung zu verlängern und eine Klage gegen die Ablehnung vor den deutschen Gerichten anhängig war, was ihm bekannt war. Unter diesem Aspekt könnten unbeteiligte Dritte berechtigterweise annehmen, dass das BfArM die von ihm auf nationaler Ebene vertretenen Interessen weiterverfolgt und dass das Verhalten der BfArM-Mitarbeiterin parteiisch sein könnte. Erfreulich ist, dass der EuGH die Befangenheit nicht gebilligt, sondern als Missachtung der in Art. 41 der Charta verankerten Pflicht zur Unparteilichkeit eingestuft hat.“
Vertreter Dr. August Wolff GmbH & Co. KG Arzneimittel: Peter Klappich, Dr. Corinna Schmidt-Murra, Oppenhoff & Partner
Vertreter Europäische Kommission: B.-R. Killmann, A. Spisos, M. Šimerdová
Richter EuGH: T. von Danwitz, K. Jürimäe, C. Lycourgos, E. Juhász, C. Vajda
Generalanwalt EuGH: P. Mengozzi
Aktenzeichen: C-680/16 P