Digital Business19.09.2023 Newsletter

Die Wahl der Rechtsform im E-Sport

Angesichts der stetig wachsenden Spiele- und Turniervielfalt im E-Sport, steigt auch die Anzahl neuer E-Sportler rapide. Jeder E-Sportler hat dabei grundsätzlich eine spezifische Vorstellung, welche Position er in der Welt des E-Sports einnehmen möchte.

Diese Vorstellungen lassen sich mit der richtigen Wahl der Rechtsform bestmöglich umsetzen. Angesichts dessen folgt ein Leitfaden zur Abgrenzung von ungeeigneten zu dienlicheren Rechtsformen, abgestimmt auf die individuellen Ziele und Bedürfnisse beim Betreiben des E-Sports. 

Die erste Weichenstellung erfolgt mit der Entscheidung, welcher Grad der Professionalität erreicht werden soll. Wer anstrebt, mit Unterstützung von Investoren und Sponsoren an professionellen Turnieren teilzunehmen, sollte andere Strukturen wählen als jemand, der nur „hobbymäßig“ spielen will. Relevant ist die Frage, wie hoch beispielsweise das eigene Startkapital ist oder ob Haftungsrisiken vermieden werden sollen. Vor allem ist auschlaggebend, ob man als Einzelspieler tätig sein oder mit anderen E-Sportlern gemeinsam im Rechtsverkehr auftreten möchte.

1. Einzelspieler

Wer als Solospieler kommerziell im E-Sport-Bereich tätig werden möchte, für den bietet sich die Gründung eines Einzelunternehmens oder einer GmbH bzw. UG an.

Die Gründung eines Einzelunternehmens ist ohne eine Mindestkapitaleinlage möglich, führt für selbstständige E-Sportler als Inhaber eines Unternehmens jedoch zu einer unbeschränkten persönlichen Haftung. Dies bedeutet, dass der E-Sportler für jede entstehende finanzielle Verpflichtung, sei es eine Vertragserfüllungs- oder Schadensersatzpflicht, mit seinem Privatvermögen vollumfänglich einzustehen hat. Wer Interesse an professioneller und kompetitiver Ausübung des E-Sports inklusive Turnierteilnahmen, komplexen Sponsoring- und Merchandise-Verträgen hat, läuft stets Gefahr, eine kostspielige Pflichtverletzung zu begehen. Die Rechtsform des Einzelunternehmens birgt daher ein gewisses finanzielles Risiko für den E-Sportler.

Deshalb eignet sich für den professionellen E-Sport-Betrieb stattdessen die Gründung einer GmbH oder UG. Für die Gründung einer GmbH muss das Stammkapital in Höhe von EUR 25.000,00 aufgebracht werden, während eine UG als Übergangsstadium zur GmbH bereits mit einem Stammkapital von EUR 1,00 gegründet werden kann. Auf diese Weise haftet lediglich die GmbH oder UG als juristische Person und mögliche Gläubiger können allein auf dieses Stammkapital zurückgreifen. Die Firmierung der Kapitalgesellschaft unterliegt zudem der freien Wahl des Gesellschafters, sodass der gewählte In-Game-Name für effektives Marketing gegenüber Fans sowie ein stringentes Auftreten im Rechtsverkehr eingesetzt werden kann.

Der Status als GmbH verleiht dem E-Sportler zudem ein höheres Maß an internationaler Glaubwürdigkeit und signalisiert wirtschaftliche Stabilität. Dadurch steigt auch die Bereitschaft potenzieller Investoren und Sponsoren in die E-Sport-GmbH zu investieren oder beispielsweise Kooperations-Verträge abzuschließen. Ein Einzelunternehmen oder ein UG genießen diese Reputation nicht.

Eine solche GmbH kann auch als Komplementärin einer Kommanditgesellschaft eingesetzt werden. Diese GmbH & Co. KG bestünde also aus dem E-Sportler als Kommanditist und der GmbH als vertretungsbefugte Komplementärin, vertreten durch den E-Sportler. Somit würde lediglich die GmbH unbeschränkt haften, deren Haftung auf das Stammkapital begrenzt ist. Der professionelle E-Sport kennzeichnet sich zudem insbesondere durch seine Dynamik und Schnelllebigkeit: Sponsorings für unmittelbar bevorstehende Turniere werden angeboten, neue Investoren zeigen Interesse nach einem gewonnenen Turnier oder bei plötzlich steigender Beliebtheit eines Videospiels. Die GmbH & Co. KG hat diesbezüglich den Vorteil, dass Investoren formlos als neue Kommanditisten an der Gesellschaft beteiligt werden können, während es bei der reinen GmbH zur Aufnahme neuer Gesellschafter einer notariellen Beurkundung bedarf.

Die heutzutage teilweise aus dem Profifußball bekannte Struktur der GmbH & Co. KGaA ist für den E-Sport nicht unbedingt empfehlenswert. Sie dient vielmehr der Umsetzung der sog. „50 + 1-Regel“ der DFL, wonach Kapitalanleger keine Stimmenmehrheit in den Kapitalgesellschaften übernehmen dürfen, in welche Fußballvereine ihre Profimannschaften ausgegliedert haben. Da eine solche Regelung im E-Sport nicht existiert, bedarf es auch keiner besonderen Regelung, um damit umzugehen.

2. Teams

Sobald mehrere E-Sportler gemeinsam E-Sport betreiben, bietet sich neben der GmbH bzw. UG auch eine GbR oder die Gründung eines Vereins an.

2.1 Profibereich

Die GbR kann ohne Stammkapital mit mindestens zwei Gesellschaftern gegründet werden und liegt grundsätzlich ohnehin bereits vor, wenn mindestens zwei Personen gemeinsam an E-Sport-Turnieren teilnehmen und somit konkludent einen Gesellschaftsvertrag über die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks geschlossen haben. Alle Gesellschafter der GbR haften für die Verbindlichkeiten der GbR unbeschränkt persönlich, sind gleichzeitig aber auch alle an der Geschäftsführung beteiligt, soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde. Während dieses paritätische Beteiligungskonzept für den Amateurbereich interessengerecht sein kann, erschwert es im Profisportbereich die erforderliche Entscheidungsfindung für zügige Geschäftsabschlüsse in der schnelllebigen Spielewelt. Es empfiehlt sich also, die grundsätzlich vorliegende GbR nicht als Rechtsform im Profisportbereich bestehen zu lassen.

Eine GmbH-Gründung ermöglicht neben der beschränkten Haftung die Vereinbarung von individuellen Beteiligungsverhältnissen und die Einstellung eines fachkundigen Dritten als Fremdgeschäftsführer. Damit kann der Kosten- und Zeitaufwand jedes einzelnen Team-Mitgliedes interessengerecht wiedergespiegelt und ein seriöses Auftreten nach außen durch einen im E-Sport-Bereich fachkundigen Geschäftsführer sichergestellt werden.

Ferner sind solche GmbH-Anteile grundsätzlich frei übertragbar. Dadurch können potenzielle Investoren Anteile einer solchen Kapitalgesellschaft erwerben und infolgedessen unmittelbar als Gesellschafter an Gesellschafterbeschlüssen mitwirken. Externe Geldgeber haben somit die Möglichkeit, über Werbedeals sowie Veranstaltung und Teilnahme an öffentlichen Streaming-Events oder Merchandise-Produktionen mitzuentscheiden, um den angestrebten finanziellen Erfolg zu erzielen. Diese Kapitalgesellschaften sind also attraktive Rechtsformen, wenn externe Investoren gesucht werden, um im Profibereich mit teurem Equipment, Reisen zu Turnieren, Coaches und eigenen Trainingsräumen, konkurrenzfähig zu bleiben.

Der E-Sport-Profibereich unterliegt überdies einer hohen Fluktuation von E-Sportlern, die regelmäßig das Team wechseln, um stets erfolgreich zu bleiben. Die freie Übertragbarkeit erleichtert diesbezüglich einen eigenen Austritt aus dem ehemals gewählten Teamzusammenschluss und sichert die ununterbrochene Flexibilität des E-Sportlers. Die Kapitalgesellschaft bleibt im Gegensatz zu einer Personengesellschaft auch stets unabhängig von der Gesellschafterzahl bestehen. Der Austritt eines Teamkollegen führt also nicht unmittelbar zur Auflösung der Gesellschaft.

2.2 Amateurbereich

Im Amateurbereich eignet sich hingegen die Rechtsform des eingetragenen Vereins um eine strukturierte Entscheidungsfindung bei einer Vielzahl von Teammitgliedern sicherzustellen. Die Gründung des Vereins setzt neben mindestens sieben Mitgliedern auch eine schriftliche Satzung und die Wahl eines Vorstandes voraus. Der Vorstand verwaltet den Verein als zentralisiertes Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan und ist an die dem Mehrheitsprinzip unterliegenden Entscheidungen der Mitgliederversammlung gebunden. Der Verein hat zudem den Vorteil, dass im Rahmen der Vereinsstruktur die Mitglieder nicht persönlich mit ihrem Privatvermögen haften und im Gegensatz zur GmbH kein Stammkapital hinterlegt werden muss.

Der Vereinszweck „Förderung des E-Sports“ wird jedoch derzeitig nicht als Förderung der Allgemeinheit i. S. d. § 52 AO anerkannt, wie es beispielsweise bei analogen Sportarten der Fall ist. Dies führt dazu, dass der Verein steuerrechtlich nicht als gemeinnützig eingestuft wird und die damit einhergehenden Steuerbegünstigungen, wie die Befreiung von der Körperschaftsteuer, nicht nutzen kann.

Allerdings wird auf politischer Ebene seit langem über die gesetzliche Einstufung des E-Sports als gemeinnützig diskutiert. Konkret begann die große Koalition im Jahr 2018 das Interesse an der Anerkennung des E-Sports als eigene Sportart zu diskutieren. Die derzeitige Bundesregierung hat sich gleichsam im Koalitionsvertrag der Aufgabe angenommen den E-Sport gemeinnützig zu machen. Diese Bestrebungen zur Gemeinnützigkeit haben sich jedoch seit 2020 angesichts einer kritischen Positionierung des DOSB auf die Anerkennung von „elektronischen Sportsimulationen“ beschränkt. Dies erfasst Spiele, zu denen es ein analoges Pendant gibt, wie beispielsweise Fußballsimulationen. Eine Anerkennung von „eGaming“, dem Spielen von allen anderen virtuellen Wettkampfformen, wie League of Legends oder Shooter-Spielen wie CS:GO, ist derweil noch nicht vorgesehen. Dies liegt insbesondere daran, dass vertreten wird, die Gewaltdarstellungen nicht durch die Anerkennung als gemeinnützig fördern zu wollen.

Gründet man also einen Verein mit unterschiedlichen E-Sportlern und möchte die potenzielle Gemeinnützigkeit sicherstellen, sobald die politischen Bestrebungen umgesetzt werden, sollte man sich zunächst auf die Ausübung von Sportsimulationen beschränken und diese von anderen Sportarten, insbesondere Shooter-Spielen, strukturell abtrennen. Eine Möglichkeit hierfür wäre die Gründung einer separaten Untergesellschaft oder einer eigenen Abteilung innerhalb des Vereins. Das Gleiche gilt für kommerziell ausgerichtete Teams innerhalb des Vereins; wird es vorrangiges Ziel des Vereins an Turnieren mit hohen Preisgeldern teilzunehmen um einen hohen Gewinn zu erwirtschaften, so ist die Anerkennung als gemeinnützig grundsätzlich gefährdet.

Zudem kann der Satzungszweck zunächst auf den Betrieb von elektronischen Sportsimulationsspielen begrenzt werden. Um flexibel auf eine künftige gesetzliche Änderung, dessen Umfang und konkrete Formulierung noch nicht absehbar ist, reagieren zu können, bietet es sich an, eine künftige Änderung des Vereinszwecks bereits im Voraus zu erleichtern. Grundsätzlich benötigt eine Änderung des Vereinszwecks gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB eine einstimmige Entscheidung aller Mitglieder, wenn nicht die Satzung des Vereins gemäß § 40 Satz 1 BGB etwas Abweichendes vorsieht. Die Satzung kann hingegen für die Änderung des Vereinszwecks eine Mehrheitsentscheidung vorsehen, um schneller auf eine Gesetzesänderung eingehen zu können.[1]

Angesichts der Vielfalt von Möglichkeiten zur Umsetzung und komplexer individueller Vorstellungen, lohnt sich jedoch stets eine eingehende rechtliche Beratung zur konkreten Rechtsformwahl.

[1] SpuRt 2020, 75

 

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