10.12.2021 Newsletter

Das neue Lobbyregister für mehr Transparenz: Wen betrifft es und was ist zu tun?

Das Lobbyregister kommt! Der Deutsche Bundestag führt dieses ab 2022 ein. Danach sind alle Interessenvertretungen gegenüber dem Bundestag und der Bundesregierung unverzüglich einzutragen. Was genau ist eine Interessenvertretung und wer ist davon betroffen? Ist mein Unternehmen möglichweise auch dabei?

Das bereits im April 2021 verkündete Lobbyregistergesetz (LobbyRG) tritt am 1. Januar 2022 in Kraft. Es sieht für die Eintragungen eine gewisse Karenzzeit vor. Demnach gelten Eintragungen, die innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten vorgenommen werden, als unverzüglich.

Wer ist betroffen?

Der Begriff der Interessenvertretung ist in § 1 Abs. 3 LobbyRG sehr weit definiert als

jede Kontaktaufnahme zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess der Organe, Mitglieder, Fraktionen oder Gruppen des Bundstages oder der Bundesregierung“.

Der Begriff der Bundesregierung umfasst auch (Parlamentarische) Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter und Unterabteilungsleiterinnen und Unterabteilungsleiter.

Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter sind alle natürlichen oder juristischen Personen, Personengesellschaften oder sonstigen Organisationen, die Interessenvertretung selbst betreiben oder in Auftrag geben. Das können Einzelpersonen, Unternehmen und Verbände sein, aber auch Netzwerke oder Plattformen.

Nach der weiten gesetzlichen Definition wäre auch die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit Einzelprüfungen oder -entscheidungen von Bundesministerien umfasst. Wenngleich das Gesetz insofern nicht eindeutig ist, verstehen wir die Vorschriften so, dass administrative Tätigkeiten, wie z. B. Genehmigungsverfahren, nicht erfasst sein sollen.

Das LobbyRG sieht diverse Ausnahmen von der Registrierungspflicht vor, z. B. für natürliche Personen, die mit ihrer Eingabe ausschließlich persönliche Interessen formulieren, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, kommunale Spitzenverbände, Petitionen, die Geltendmachung gesetzlich statuierter Ansprüche auf Zugang zu Informationen (etwa nach dem Informationsfreiheitsgesetz), Kirchen oder für die freie Presse (§ 2 Abs. 2, 3 LobbyRG). Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind ebenfalls von der Eintragungspflicht befreit, es sei denn, ihre Tätigkeit ist auf den Erlass, die Änderung oder Verhinderung von Rechtsnormen durch den Bundestag oder die Bundesregierung gerichtet.

Was ist einzutragen, was wird veröffentlicht?

Das LobbyRG bestimmt, welche Inhalte im Register einzutragen sind. Dazu gehören insbesondere Angaben zu Status, Tätigkeit und – optional – zu finanzierungsbezogenen Informationen. Dies betrifft z. B. Namen, den betroffenen Interessen- und Vorhabenbereich, eine Beschreibung der Tätigkeit, den Sitz des Unternehmens und die Zusammensetzung der Geschäftsführung, Mitgliederzahl und Mitgliedschaften, Auftraggeber, für die Interessenvertretung betrieben wird, sowie die Anzahl der mit der Interessenvertretung Beschäftigten.

Finanzierungsbezogene Angaben sind freiwillig, z. B. jährliche Aufwendungen für die Interessenvertretung, Zuwendungen oder Jahresabschlüsse und Rechenschaftsberichte. Eine Verweigerung führt allerdings zu einem entsprechenden Vermerk im Lobbyregister und einem öffentlichen Listing. Insoweit verfolgt das Lobbyregister den Ansatz eines „Naming and Shaming“.

Die Angaben sind mindestens einmal jährlich zu aktualisieren. Für bestimmte Angaben gilt eine kürzere Frist; so sind z. B. Änderungen bei der Identität des Auftraggebers, für den Interessenvertretung betrieben wird, unverzüglich einzutragen.

Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift und elektronische Kontaktdaten von natürlichen Personen werden nicht veröffentlicht. In Ausnahmefällen kann auf Antrag auch darüber hinaus von der Veröffentlichung von Angaben teils oder vollständig abgesehen werden, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen entgegenstehen.

Was ist zu tun?

Um festzustellen, ob ein Unternehmen den Verpflichtungen des LobbyRG unterliegt, sollte zunächst geprüft werden, ob das Handeln überhaupt als Interessenvertretung gewertet werden kann. Nur wenn dies bejaht wird, können weitere Verpflichtungen aus dem LobbyRG folgen.

Im nächsten Schritt ist zu klären, ob die Interessenvertretung regelmäßig erfolgt, auf Dauer angelegt ist oder geschäftsmäßig für Dritte betrieben wird und keine Ausnahme vorliegt. Eine freiwillige Eintragung bleibt davon unberührt.

Besteht eine Eintragungspflicht, sind die entsprechenden Inhalte zur Eintragung rechtzeitig an das Register zu übermitteln. 

Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter haben den von der Bundesregierung und dem Bundestag beschlossenen Verhaltenskodex einzuhalten. Hiernach üben Interessenvertreterinnen und  Interessenvertreter ihre Tätigkeit „auf der Basis von Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität“ aus. Sie müssen bei jeder ersten Kontaktaufnahme ihre Identität und das Anliegen ihres Auftrag- oder Dienstgebers offenlegen. Des Weiteren dürfen keine Erfolgshonorare vereinbart oder Informationen auf unlautere Weise beschafft werden.

Potenziellen Verstößen gegen das LobbyRG sollte durch Anpassung des unternehmensinternen Compliance-Systems entgegengewirkt werden.

Mögliche Sanktionen

Eine Zuwiderhandlung gegen das LobbyRG kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro bei Vorsatz und bis zu 20.000 Euro bei Fahrlässigkeit geahndet werden. Ordnungswidrig handelt dabei, wer (i) nicht oder nicht ordnungsgemäß einträgt, (ii) bei freiwilliger Eingabe nicht ordnungsgemäß einträgt, und (iii) nicht ordnungsgemäß aktualisiert.

Verstöße gegen den Verhaltenskodex können im Lobbyregister vermerkt werden. Darüber hinaus kann Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern bei Verstößen der Zutritt zum Deutschen Bundestag und die Teilnahme an Ausschussanhörungen des Bundestags als Auskunftsperson verweigert werden.

Weitere Änderungen sind geplant

Unter der neuen Bundesregierung ist mit einer Verschärfung der Regelungen des LobbyRG zu rechnen. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Kontaktaufnahme auch auf Referentenebene erfasst sein soll, eintragungspflichtige Interessenvertretungen erweitert und Regelungen zum exekutiven bzw. legislativen Fußabdruck aufgenommen werden. Hier bleibt abzuwarten, wie die konkreten Gesetzesänderungen ausgestaltet werden.

Weitere Informationen zum Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung finden Sie auf unserer News-Seite.

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Holger Hofmann

Holger Hofmann

PartnerRechtsanwalt

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