Gesellschaftsrecht29.06.2021 Newsletter
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) – Änderungen und Handlungsbedarf für Unternehmen und Gesellschafter
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) - längst überfällig und seit über einem Jahr in Planung. Seit Ende letzter Woche steht fest: die Neuregelungen treten zum 1. Januar 2024 in Kraft. Das neue Gesetz passt in weiten Teilen den Gesetzestext an den Stand der Rechtsprechung und der Vertragspraxis an. Gleichwohl besteht insbesondere für die GbR, aber auch für die OHG und die KG Handlungsbedarf.
Die geltenden Regelungen für die Personengesellschaften stammen teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert. Dies betrifft insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG). Seitdem haben sich Rechtsprechung und Praxis teilweise deutlich von den überkommenen Regelungen entfernt. Eine grundlegende Reform war daher überfällig. Mit dem sog. „Mauracher Entwurf“ präsentierte eine Expertenkommission im April 2020 einen ersten umfassenden Reformvorschlag für das Personengesellschaftsrecht. Auf dieser Grundlage lag seit Januar 2021 ein Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vor. Das MoPeG wurde nun nach einigen Diskussionen und Anpassungen Ende letzter Woche durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet.
Mit den Neuregelungen nimmt der Gesetzgeber vielfältige Modifikationen des bisherigen Gesetzestextes vor. Viele Änderungen entsprechen zwar dem Stand der Rechtsprechung oder der üblichen, vom bisherigen gesetzlichen Leitbild abweichenden Vertragspraxis. Dennoch bedarf es einer Bestandsaufnahme der bestehenden individuellen gesellschaftsrechtlichen Strukturen und gesellschaftsvertraglichen Regelungen, um einen möglichen Handlungsbedarf zu identifizieren und die eigene Corporate Governance an den neuen gesetzlichen Vorgaben auszurichten. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die neue Eintragungsmöglichkeit bzw. Eintragungspflicht der GbR und deren künftige Pflichten im Hinblick auf das Transparenzregister.
Die vorgesehenen Neuregelungen treten nach einer Übergangsfrist erst zum 1. Januar 2024 in Kraft. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht somit noch ausreichend Zeit, sich auf die Änderungen vorzubereiten.
Umfassende Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Das neue (alte) gesetzliche Leitbild
Der Schwerpunkt der Reform des MoPeG betrifft die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelte Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die ursprüngliche Konzeption der GbR bestand nahezu unverändert seit Einführung des BGB vor knapp 120 Jahren. Diese entsprach nicht mehr der Rechtswirklichkeit und den Anforderungen der Wirtschaft. Spätestens seit der Bundesgerichtshof die Rechtsfähigkeit der (nach außen auftretenden) GbR im Jahr 2001 anerkannt hatte, war die originäre Konzeption des historischen Gesetzgebers überholt. Erstmals wird nunmehr die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR auch im Gesetzestext verankert.
Künftig sieht das Gesetz drei unterschiedliche Varianten der GbR vor: (1) Die rechtsfähige, aber nicht registrierte GbR, (2) die rechtsfähige und registrierte GbR sowie (3) die nicht rechtsfähige (Innen-)GbR. Mit dieser Differenzierung will der Gesetzgeber die rechtsfähige GbR an die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG annähern und eine vergleichbare Publizität bewirken.
Das neue Gesellschaftsregister
Bisher war eine GbR, anders als etwa eine OHG oder KG, nicht registrierungspflichtig. Seit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR bestand daher die Schwierigkeit, wie eine GbR und ihre Gesellschafter rechtssicher identifiziert werden können, etwa wenn eine grundbesitzende GbR im Grundbuch eingetragen werden soll. Künftig wird es der GbR daher ermöglicht, sich in ein neues, von den Amtsgerichten zu führendes Gesellschaftsregister eintragen zu lassen. Angemeldet werden Name und Sitz der Gesellschaft sowie die Identität und Vertretungsbefugnis der Gesellschafter. Eine Anmeldung zum Gesellschaftsregister ist nicht für jede GbR verpflichtend. Allerdings setzt der Erwerb von Grundstücken, Aktien, GmbH-Anteilen, Markenrechten oder sonstigen in öffentliche Register einzutragenden Rechten künftig die Registereintragung der GbR voraus. Mit Eintragung der GbR wird diese zugleich vom Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes erfasst, sodass diese insbesondere ihre wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister melden muss.
Umfassende Neuregelung der GbR
Kern der Reform ist die Neufassung der Regelungen für die GbR. Die für die GbR unmittelbar und für die OHG und KG mittelbar geltenden §§ 705 ff. BGB werden vollständig überarbeitet und bilden zukünftig gemeinsam mit den Regelungen für die Personenhandelsgesellschaften im Handelsgesetzbuch (HGB) ein kohärentes Regelungssystem.
Dabei gilt jedoch im Personengesellschaftsrecht auch nach der Reform weitgehende Gestaltungsfreiheit, im Gesellschaftsvertrag von den gesetzlichen Vorgaben abzuweichen und die Corporate Governance-Struktur individuell zu regeln.
Folgende Regelungskomplexe im neuen GbR-Recht sind hervorzuheben:
- Es wird ein Sitzwahlrecht eingeführt, das es eingetragenen Gesellschaften ermöglicht, den Gesellschaftssitz vertraglich zu bestimmen. Bisher war der tatsächliche Verwaltungssitz maßgeblich. So können nun auch (eingetragene) Personengesellschaften nach deutschem Recht mit Verwaltungssitz im Ausland gegründet werden. Dies ist für die Kapitalgesellschaften schon länger möglich.
- Die Stimmkraft bei Gesellschafterbeschlüssen sowie die Gewinn- und Verlustbeteiligung richten sich künftig grundsätzlich entsprechend der üblichen Praxis nach den Anteilsquoten und – abweichend vom bisherigen gesetzlichen Regelfall – nur noch hilfsweise „nach Köpfen“.
- Beschlüsse der GbR-Gesellschafter bedürfen weiterhin grundsätzlich der Einstimmigkeit und sind im Falle von Beschlussmängeln nichtig. Abweichende Regelungen, insbesondere eine Mehrheitsklausel, können jedoch weiterhin gesellschaftsvertraglich vereinbart werden.
- Als Konsequenz der gesetzlichen Anerkennung der rechtsfähigen GbR werden die Haftungsnormen für die OHG, die die Rechtsprechung bisher analog für die GbR anwandte, aus dem HGB in das BGB überführt. Es bleibt für die GbR insoweit zwingend bei der persönlichen Haftung aller Gesellschafter. Eine generelle Haftungsbeschränkung („GbR mbH“) wird nicht ermöglicht.
- Die bisherige Regelung, wonach Tod oder Kündigung eines GbR-Gesellschafters grundsätzlich zur Auflösung der GbR führen, wird durch die bisher schon für die OHG und die KG geltenden Regelungen ersetzt. Künftig führt der Tod oder die Kündigung eines Gesellschafters grundsätzlich nur noch zu dessen Ausscheiden bei Fortbestand der Gesellschaft. Einer besonderen Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag bedarf es nicht mehr.
- Die GbR wird zudem erstmals umwandlungsfähig. Anders als bisher kann die eingetragene GbR künftig nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes (UmwG) an einer Spaltung, Verschmelzung oder einem Formwechsel teilnehmen.
Änderungen bei den Personenhandelsgesellschaften (OHG/KG)
Bei der OHG und der KG wird insbesondere das Beschlussmängelrecht grundlegend reformiert. Künftig wird (in Anlehnung an das Aktienrecht und anders als bei der GbR) zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses differenziert. In diesem Kontext erfolgen auch prozessuale Anpassungen: Für Klagen gegen Gesellschafterbeschlüsse gilt künftig kraft Gesetzes eine gesetzliche Anfechtungsfrist als Ausschlussfrist. Klagegegner einer Beschlussmängelklage sind zudem nicht mehr alle Gesellschafter, sondern ist künftig die Gesellschaft selbst.
Ebenso wurden die Normen zur Gewinnermittlung und -verteilung überarbeitet sowie punktuelle Änderungen des KG-Rechts vorgenommen. Nach dem Gesetz stand den Kommanditisten nach dem Gesetzeswortlaut bisher nur ein sehr begrenztes Informationsrecht zu, das die Rechtsprechung allerdings bereits erweitert hatte. Künftig können die Kommanditisten auch nach dem Gesetz die Informationen verlangen, die sie zur sachgemäßen Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte benötigen.
Schließlich stehen den freien Berufen, also etwa Ärzten, Rechtsanwälten oder Architekten, die bisher auf die GbR oder PartG verwiesen waren, neben der besonderen Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft auch die Rechtsformen der OHG oder KG offen, sofern das jeweilige Berufsrecht das zulässt.
Oppenhoff verfügt über langjährige Erfahrung in der ganzheitlichen Betreuung von (Personen-)gesellschaften. Gerne beraten wir Sie zu den individuellen Auswirkungen der Reform, sei es als Gesellschafter oder Gesellschaft, und erarbeiten für Sie maßgeschneiderte Lösungen.