Energie und Infrastruktur09.03.2021 Newsletter
Chile verabschiedet ambitioniertes Gesetz zur Energieeffizienz
Das neue Gesetz adressiert die enormen Herausforderungen, vor denen Chile im Bereich der Energieeffizienz steht: Besonders energieintensive Unternehmen müssen Energiemanagementsysteme (sog. SGE's) einführen, wofür in hohem Maße Ausrüstung, Technologie und Know-how benötigt werden. Davon können auch deutsche und internationale Lieferanten und Dienstleister profitieren. Das Gesetz verankert ferner Chiles große Ambitionen im Bereich des E-Treibstoffes Grüner Wasserstoff.
Nach einer relativ schnell abgeschlossenen parlamentarischen Diskussion ist im Februar 2021 in Chile ein neues Gesetz zur Energieeffizienz (Gesetz Nr. 21.305 – Ley 21.305 sobre Eficiencia Energética) in Kraft getreten. Das Gesetz reiht sich ein in die ambitionierten Pläne des südamerikanischen Landes, einen wesentlichen Teil des chilenischen Energieverbrauchs bis 2050 auf erneuerbare Energien umzustellen. Bereits 2015 wurden im chilenischen Nationalen Energie Plan 2050 die Weichen hierfür gestellt. Seitdem verzeichnet das Land eine der weltweit prozentual größten Steigerungen im Ausbau erneuerbarer Energien vor allem im Stromsektor. Ende 2020 folgte mit der chilenischen Grüner-Wasserstoff-Strategie dann der nächste große Schritt hin zu einer Vorreiterrolle Chiles im Bereich der erneuerbaren Energien. Mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz wurden hinsichtlich der Grüner-Wasserstoff-Strategie erste regulatorische Weichenstellungen vorgenommen. Letztere stellen jedoch nur einen Teilaspekt des neuen Gesetzes dar. Weitere wichtige Änderungen, die insbesondere auch ausländische Unternehmen kennen sollten, stellen wir Ihnen hier vor.
Das Gesetz zur Energieeffizienz enthält im Wesentlichen fünf Regelungsbereiche: 1. den nationale Energieeffizienzplan, 2. die Verpflichtung von Unternehmen, ihren Energieverbrauch zu melden und daraus resultierende Folgepflichten, 3. energetische Aspekte von Gebäuden und 4. Kraftfahrzeugen sowie 5. die bereits angesprochenen regulatorischen Rahmenbedingungen für den Energieträger Grüner Wasserstoff. Im Laufe der nächsten Monate wird das Gesetz durch Verordnungen und Richtlinien weiter ausdifferenziert werden.
Im Energieeffizienzgesetz wurde zunächst festgelegt, dass vom chilenischen Energieministerium alle fünf Jahre in Zusammenarbeit mit den jeweiligen zuständigen Fachministerien ein sogenannter Nationaler Energieeffizienzplan aufgestellt wird. Dieser soll folgende Bereiche umfassen: Energieeffizienz in Wohngebäuden, Mindeststandards und Kennzeichnung von elektrischen Geräten, Energieeffizienz in Gebäuden und Verkehr, Energieeffizienz und intelligente Städte, Energieeffizienz in den produktiven Sektoren sowie Aus- und Weiterbildung im Bereich Energieeffizienz. Für Bürger und Unternehmen wird hierbei ein Beteiligungsverfahren eröffnet, um an der Aufstellung des jeweiligen Energieeffizienzplans mitzuwirken. Der erste Plan soll innerhalb von 18 Monaten verabschiedet werden.
Im zweiten Schritt verpflichtet das Gesetz bestimmte Unternehmen, dem Energieministerium ihren jährlichen Energieverbrauch nach Energienutzung und -intensität zu melden. Für diese Zwecke werden alle vier Jahre Kriterien definiert, mittels derer diejenigen Unternehmen, die von der Meldepflicht umfasst sind, bestimmt werden. Unabhängig hiervon müssen alle Unternehmen, die im vorangegangenen Kalenderjahr einen Energieverbrauch von mehr als 50 Terakalorien hatten, dieser Meldepflicht nachkommen. Im Zusammenhang mit den Meldepflichten wird jährlich vom Energieministerium zudem eine Liste mit Unternehmen veröffentlicht, die als Energieverbraucher mit „Energiemanagementkapazitäten“ kategorisiert werden: Diese Unternehmen sind verpflichtet, sogenannte Energiemanagementsysteme zu installieren, die mindestens 80% ihres Energieverbrauchs abdecken. Diese Energiemanagementsysteme müssen mindestens folgende Punkte enthalten: Definition einer internen Energiepolitik, Aufstellung von Aktionsplänen und Energieleistungsindikatoren zur Umsetzung selbst definierter Zielvorgaben, ferner die Einsetzung eines Energiemanagers sowie Durchführung von Betriebskontrollen, Messungen und Überprüfungen. Das Energiemanagementsystem ist alle drei Jahre mittels eines externen Audits zu überprüfen, wobei das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Energiebehörde vorzulegen ist.
Der dritte Punkt des Gesetzes betrifft die Energieeffizienz von Gebäuden. Hierzu sollen Energieeffizienzlabels und -berichte erstellt werden. Betroffen hiervon sind (neu geplante) Wohngebäude, öffentliche Gebäude und gewerblich genutzte Gebäude. Diese Energielabels werden Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sein. Ferner trifft Verkäufer von Immobilien eine Pflicht zur Vorlage des entsprechenden Energieeffizienzlabels. Um die Durchführung dieser Energiebewertungen zu ermöglichen, wird ein nationales Register mit Energieberatern geschaffen. Diese treffen im Rahmen der energetischen Überprüfungen umfangreiche strafbewehrte Pflichten.
Die vierte Säule des Gesetzes betrifft Elektrofahrzeuge. Hierfür soll insbesondere die Interoperabilität von Ladesystemen für Elektrofahrzeuge verbessert werden. Darüber hinaus werden Energieeffizienzstandards für Kraftfahrzeuge erlassen. Diese werden vom Energieministerium noch festgelegt und ausdifferenziert. Die sich hieraus ergebenden und mittels Geldbußen strafbewehrten Pflichten treffen Importeure bzw. Vertreter von in Chile vermarkteten Fahrzeugherstellern. In steuerrechtlicher Hinsicht werden Anreize für die Nutzung von Elektro- oder Hybridfahrzeugen geschaffen, wonach diese über drei Jahre abgeschrieben werden können.
Zur Umsetzung der chilenischen Grüner-Wasserstoff-Strategie wird auf der fünften Säule Wasserstoff als Energieträger und Kraftstoff klassifiziert. Die gesetzliche Regelung bezieht Wasserstoff nun in Bezug auf seine verschiedenen Aspekte in die Verordnung für Kraftstoffe ein: Herstellung, Verarbeitung, Lagerung, Transport, Verteilung und Verbrauch. Dies sind Aspekte, in denen Wasserstoff bisher ungeregelt war. Weitere Anpassungen auf regulatorischer Ebene an die Besonderheiten dieses Kraftstoffs müssen jedoch noch vorgenommen werden.
Was bedeutet das neue Gesetz für deutsche und andere internationale Unternehmen?
Das neue chilenische Energieeffizienzgesetz zeigt, dass die chilenische Regierung die Umsetzung ihrer Klimaschutzziele ernst nimmt. Unternehmen sollten sich daher mit den sich hieraus ergebenden Pflichten befassen, da Verstöße gegen die chilenischen Vorgaben empfindliche Strafen nach sich ziehen können. Vor allem aber werden sich für deutsche und internationale Unternehmen in Chile zahlreiche Möglichkeiten bieten, an den Plänen des Landes zur Umstellung auf erneuerbare Energien teilzuhaben. Die Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren ist dabei erklärtes Ziel der chilenischen Regierung.
Insbesondere bei der Umsetzung der chilenischen Grüner-Wasserstoff-Strategie bieten sich für ausländische Unternehmen gute Chancen. Deutsche und internationale Unternehmen können hierbei Innovator und Kooperationspartner für chilenische öffentliche Stellen und private Unternehmen zugleich sein.
Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen gerne über unseren Lateinamerika Desk und unsere Sektorgruppe Energie auf dem Laufenden.