Beschleunigung des Beschaffungswesens in der Bundeswehr – Tagesbefehl des Rüstungsstaatssekretärs vom 25. April 2023

Mit einem Tagesbefehl stellt der Rüstungsstaatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung die Weichen für eine Reform des Vergabewesens im Geschäftsbereich BMVg neu. Die Bedarfsdeckung soll ab sofortschneller, effektiver und unbürokratischer als bisher erfolgen.

Dieses ambitionierte Ziel soll nach dem Befehl,

dessen geschwärzten Wortlaut wir zu Ihrer Information hier bereitstellen,

erreicht werden, indem „der Faktor Zeit […] höchste Priorität“ erhält und nunmehr als „wesensbestimmender Faktor aller laufenden und neuen Rüstungsvorhaben der Bundeswehr […]“ in das Zentrum des Beschaffungshandelns gerückt wird.

Nach dem Wortlaut des Befehls soll zunächst bevorzugt auf marktverfügbare Produkte zurückgegriffen werden. Modifikationen sind nur dann zulässig, wenn sie als unverzichtbar erachtet werden.

Die Inspekteure als Nutzer und Bedarfsträger werden in die Beschaffung stärker eingebunden, insbesondere werden sie die priorisierten Forderungskataloge und die daraus resultierenden Leistungsbeschreibungen gegenzeichnen.

In rechtlicher Hinsicht sollen zwar die Regelungen des deutschen Gesetzgebers unberührt bleiben, so dass insbesondere das Vergaberecht weiterhin einzuhalten ist. Dabei sind die Möglichkeiten zur Beschleunigung von Verfahren aber fortan konsequent auszuschöpfen.

Besonders wichtig für die Praxis dürfte die Anordnung sein, Ausnahmeklauseln für die Bundeswehr in gesetzlichen Regelwerken konsequent zu nutzen, sofern die Voraussetzungen vorliegen. Tatsächlich enthält das Sonder-Vergaberecht für die Beschaffung im Sicherheits- und Verteidigungsbereich bereits eine Vielzahl solcher Ausnahmeregelungen.

Außerdem wird die Bundeswehr in Gesetzen, die dem Schutz verschiedener Rechtsgüter dienen, teilweise von der Einhaltung besonders strenger Vorschriften befreit, um ihre Aufgabe effektiv und wirksam umsetzen zu können. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, wonach unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Vorschriften im Übrigen nicht einzuhalten sind, so dass Bundeswehrfahrzeuge nicht die umfangreichen Anforderungen an eine Zulassung erfüllen müssen (§ 70 Abs. 4 StVZO).

Weitere Ausnahmemöglichkeiten sehen vor:

  • das Arbeitsschutzgesetz und die Betriebssicherheitsverordnung hinsichtlich der Anforderungen an die Sicherheit und den Gesundheitsschutz für Beschäftigte (§ 20 Abs. 2 ArbSchG, § 1 Abs. 5 BetrSichV),
  • das Chemikaliengesetz in Bezug auf die Zulassung von bestimmten Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen im Einzelfall(§ 24 ChemG),
  • oder das Bundesimmisionsschutzgesetz, wonach für Anlagen der Landesverteidigung auch hier Ausnahmen von der Einhaltung des BImschG zugelassen werden können (§ 60 i.V.m § 3 Abs. 5 BImschG).

Auch von diesen Vorschriften soll im Sinne einer schnellen Beschaffung möglichst umfassend Gebrauch gemacht werden.

Ergänzend werden bundeswehrinterne untergesetzliche Regelwerke ausgesetzt, die die gesetzlichen Regelungen verschärfen. Dabei dürfte es sich insbesondere um die ZDV Customer Product Management (CPM) handeln.

Der zeitgerechte Ansatz, den Fokus auf eine deutliche Erhöhung der Beschaffungsgeschwindigkeit zu legen, verdient aus naheliegenden Gründen Zustimmung. Die aktuelle Krisensituation ist mit einem sperrigen Vergabeprozess wie bisher nicht zu meistern. Gleichwohl wird es für die mit der Bedarfsdeckung befassten Soldaten und Beamten der involvierten Ämter, Kommandos und Dienststellen der Bundeswehr herausfordernd, die neuen Vorgaben umzusetzen. Damit die jetzt durch die Leitung des BMVg ergriffene Initiative Wirkung erzeugt, wird es weiterer – und detaillierterer – Weisungen bedürfen. Wir gehen deshalb davon aus, dass der Tagesbefehl vom 25. April 2023 nur ein Auftakt ist.

Die weitere Entwicklung verdient es, eng verfolgt zu werden.

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Michael Abels

Michael Abels

PartnerRechtsanwalt

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