IT-Recht und Datenschutz07.06.2024 Newsletter

Auswege aus dem Anwendungsbereich der Hochrisiko-KI-Systeme (Teil III)

Der AI Act reguliert Hochrisiko-KI-Systeme streng. Betreiber und Anbieter von Hochrisiko-KI-Systemen sind also gut beraten, Auswege aus dem Anwendungsbereich zu begehen.

Gemäß der Ausnahmeregelung des Art. 6 Abs. 3 AI Act sind KI-Systeme, die nach Art. 6 Abs. 1 AI Act grundsätzlich als Hochrisiko-KI-Systeme einzuordnen wären, unter bestimmten Voraussetzungen von dieser Einstufung ausgenommen (siehe Teil I der Beitragsreihe). 

Art. 25 Abs. 2 AI Act befreit den Anbieter eines in Verkehr gebrachten bzw. in Betrieb genommenen Hochrisiko-KI-Systems z. B. bei White Label Systemen, sofern dieses mit der Kennzeichnung des Betreibers – der dadurch zum Anbieter wird – versehen wird, von seinen Pflichten aus Art. 16 AI Act (siehe Teil II der Beitragsreihe). 

Betreiber können die Anwendung des AI Acts auf ihre Hochrisiko-KI-Systeme zudem vermeiden, indem sie ihre Altsysteme nach Inkrafttreten des AI Acts möglichst unverändert einsetzen:

Ausweg 3: Unveränderter Einsatz von Altsystemen durch Betreiber, Art. 111 Abs. 2 AI Act

Nach Art. 111 Abs. 2 findet der AI Act für Betreiber von solchen Hochrisiko-KI-Systemen keine Anwendung, die bis 24 Monate nach dem Datum seines Inkrafttretens, d. h. bis Mitte 2026, in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wurden, wenn sie der Betreiber nicht erheblich ändert. Betreiber müssen für diese Hochrisiko-KI-Systeme folglich nicht die umfassenden Pflichten aus Art. 26 und 27 AI Act erfüllen.

Im Einzelnen besteht aber weiterer Klärungsbedarf:

Betreiber müssen die Hochrisiko-KI-Pflichten auch für Altsysteme erfüllen, wenn sie das System nach Inkrafttreten des AI Acts erheblich verändern. Der AI Act selbst definiert in Art. 3 Nr. 23 allerdings nur den Begriff der „wesentlichen Änderung“. Eine solche wesentliche Änderung liegt vor, wenn 1. die Änderung in der ursprünglichen Konformitätsbewertung nicht vorgesehen war und hierdurch die Konformität beeinträchtigt wird, oder 2. die Zweckbestimmung des Systems geändert wird. 

Für Altsysteme wird eine Konformitätsbewertung nach AI Act in aller Regel nicht existieren. Betreiber könnten allenfalls eine hypothetische Konformitätsbewertung heranziehen. Die Definition der wesentlichen Änderung in Art. 3 Nr. 23 AI Act kann für die Bewertung einer erheblichen Veränderung im Sinne von Art. 111 Abs. 2 AI Act folglich nicht ohne Weiteres übertragen werden, auch wenn naheliegt, entsprechende Kriterien heranzuziehen. 

Betreibern von Altsystemen ist daher vorerst zu raten, diese möglichst unverändert weiter zu betreiben.   
 

 

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Dr. Axel Grätz

Dr. Axel Grätz

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