Arbeitsrecht16.04.2020 Newsletter

Arbeitsschutz – „SARS-Cov2-Arbeitsschutzstandard“

(Stand: 16. April 2020)

Nach der Bund-Länder-Beratung vom 15.04.2020 sollen nun ab Montag, 20.04.2020, schrittweise die Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der COVID19-Epidemie aufgehoben werden.

Am 16.4.2020 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in diesem Kontext einen „SARS-Cov2-Arbeitsschutzstandard“ vorgestellt. Dieser fasst die Mindeststandards für ein betriebliches Maßnahmenkonzept für zeitlich befristete zusätzliche Maßnahmen zum Infektionsschutz. Der genaue Wortlaut ist hier.

Besonders hervorzuheben sind folgende Punkte:

1.

Der Arbeitgeber trägt die alleinige Verantwortung für die Umsetzung der Schutzmaßnahmen. Er kann sich für die Umsetzung von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten beraten lassen. Soweit ein Arbeitsschutzausschuss besteht, ist dieser zudem gehalten, eine aktive Rolle bei der Umsetzung der Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

2.

Die veröffentlichten Vorgaben sind Mindeststandards, die branchenspezifisch durch die Unfallversicherungsträger und gegebenenfalls durch die Aufsichtsbehörden ergänzt und konkretisiert werden sollen. Dies bedeutet beispielsweise, dass die immer noch diskutierte Frage zur verpflichtenden flächendeckenden Nutzung von Handschuhen und Masken für alle Arbeitnehmer im Einzelhandel letztlich durch die Berufsgenossenschaft vorgegeben werden könnte.

3.

Einzelne für die Praxis relevante Themen sind weiterhin nicht geklärt. Beispielsweise sollen sich Personen mit Atemwegssymptomen (sofern nicht vom Arzt z.B. abgeklärte Erkältung) oder Fieber generell nicht auf dem Betriebsgelände aufhalten und der Arbeitgeber hat ein Verfahren zur Abklärung von Verdachtsfällen festzulegen. Offen bleibt aber, ob der Arbeitgeber Fiebermessungen vornehmen darf, denn anders als in anderen EU-Ländern ist hierfür keine Rechtsgrundlage geschaffen worden, so dass weiterhin datenschutzrechtliche Bedenken nicht zweifelsfrei ausgeräumt werden können. Es kommt dann – wie so häufig – auf den Einzelfall an. Unseres Erachtens nach dürfte dieses für Unternehmen unstreitig zulässig sein, die in einem Risikogebiet mit einer hohen Anzahl an Infizierten liegen.

4.

Die Umsetzung der Arbeitsschutzstandards führt auf betrieblicher Ebene zur umfassenden Beteiligung des Betriebsrats. Viele der Vorgaben unterliegen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung des Betriebs) oder § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (Arbeits- und Gesundheitsschutz). Auch wenn nicht zu erwarten steht, dass Betriebsräte die Umsetzung der Vorgaben behindern und damit in vielen Fällen auf formale Regelungen verzichten, so muss beachtet werden, dass Konsequenzen gegen Arbeitnehmer bei Verstößen gegen diese Regelungen nur dann erfolgen können, wenn eine Betriebsvereinbarung vorliegt. Zudem wird es in den Fällen, wo zusätzliche personenbezogene Daten der Arbeitnehmer verarbeitet werden, auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung als Rechtsgrundlage zur Datenerhebung ankommen (vgl. § 26 Abs. 4 BDSG).

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Jörn Kuhn

Jörn Kuhn

PartnerRechtsanwaltFachanwalt für Arbeitsrecht

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