Digital Business05.07.2023 Newsletter
Arbeit im Metaverse: Was Arbeitgeber zu Diversity und Haftungsrisiken beachten sollten
Wir setzen unsere Beitragsserie zum Metaverse fort: In diesem Beitrag finden Sie weitere wichtige Aspekte rund um arbeitsrechtliche Herausforderungen im Metaverse: Wie verhält es sich mit „Diversity & Inklusion“ im Metaverse? Und wie geht man mit Belästigungs- und Diskriminierungsrisiken um?
Das Metaverse erfordert eine ganz neue Betrachtung: Anders als das bisherige Internet basiert das Metaverse auf einer permanenten Kommunikation und Interaktion. Mithilfe von Virtual- und Augmented- Reality Technologien können Menschen auf unterschiedliche Weise im Metaverse interagieren. Die physische Realität wird mit dem virtuellen Raum vernetzt. Benutzer können mit Hilfe von Avataren im Metaverse einkaufen, spielen oder die virtuelle Welt erkunden.
Das Metaverse modernisiert auch den Arbeitsplatz und schafft für Unternehmen neue Möglichkeiten der geschäftlichen Interaktion. So können beispielsweise Mitarbeitende aus der ganzen Welt miteinander in Kontakt treten und gemeinsam von verschiedenen Standorten aus zusammenarbeiten. Dabei erfolgt die Arbeit zumeist in virtuellen Büros oder „Collaboration Hubs“. Des Weiteren können Mitarbeitende in virtuellen Schulungsmodellen fortgebildet werden. Zudem können die Mitarbeitenden zur Bewerbung sowie Verkauf der unternehmenseigenen Produkte im Metaverse auf Kunden treffen oder im Rahmen des Recruitings auf Bewerber.
Diversity & Inklusion auch Thema im Metaverse
Eines der aufregendsten Dinge am Metaverse ist die kreative Freiheit und die Möglichkeit, sich durch Avatare selbst darzustellen. Bei der Gestaltung von Avataren können die Benutzer beispielsweise über Hautfarbe, Geschlecht und ethnische Herkunft selbst bestimmen. Die User können ihrem Avatar sogar Eigenschaften geben, die sie selbst nicht aufweisen. In Metas Diversity Report 2022 prahlt das Unternehmen mit mehr als eine Trillion verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten bei der Avatar-Gestaltung. Dies eröffnet wiederum wichtige Fragen über die Diversität und Integrität am Arbeitsplatz und verlagert damit diskriminierungsrechtliche Risiken ins Metaverse.
Einerseits müssen die Avatar-Gestaltungsmöglichkeiten divers genug sein, damit sich jeder User in den Optionen wiederfindet, um eine Diskriminierung nach den §§ 7 Abs. 1, 3 Abs. 1, 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu verhindern. Daher müssen die Darstellungen im Metaverse die Vielfalt der realen Welt widerspiegeln. Im Rahmen der Inklusion ist es ebenfalls wichtig, dass die Arbeit im Metaverse für alle Arbeitnehmer gleich möglich ist, indem die erforderliche Ausrüstung für alle Mitarbeitende zugänglich ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gewählte Technologie Menschen mit Behinderungen nicht ausschließt. Das aktuelle Update von Meta umfasst daher auch die virtuelle Darstellung von assistiven Technologien wie Cochlea-Implantaten und Rollstühlen, um Menschen mit Behinderungen in der virtuellen Welt zu inkludieren.
Vorgaben für Avatare durch den Arbeitgeber?
Andererseits stellt sich dann die Frage, ob die digitalen Avatare die Benutzeridentitäten „realitätsnah“ darstellen müssen oder ob User ihre Identität im Metaverse völlig frei erfinden dürfen. Können Arbeitgeber verlangen, dass der Avatar eines Mitarbeitenden realistisch zu gestalten ist oder ist eine solche Weisung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als unbillig zu bewerten?
Hier dürfte in der Regel das Interesse des Arbeitgebers an einer realen Repräsentation seines Unternehmens im Metaverse das Interesse des Mitarbeitenden an der freien Gestaltung seines
Avatars überwiegen. Wir halten die Anordnung eines Arbeitgebers, am virtuellen Arbeitsplatz unter dem echten Namen aufzutreten und den eigenen Avatar möglichst realitätsnah zu gestalten, nicht nur für zulässig, sondern auch aus Arbeitgebersicht für empfehlenswert. Denn die erlaubte Anonymität im Metaverse dürfte die Hemmschwelle für ein virtuelles Fehlverhalten wie z. B. virtueller Belästigung oder Diskriminierung senken und somit Haftungsrisiken für Arbeitgeber erhöhen.
Arbeitgeber müssen Mitarbeitende schützen
Arbeitgeber sind wie in der realen Welt auch im Metaverse dazu verpflichtet, sowohl ihre Mitarbeitenden als auch ihre Kunden vor Belästigungen und Diskriminierungen durch die eigenen Arbeitskräfte zu schützen. Dies erfordert von Unternehmen im Umgang mit dem Metaverse geeignete Präventionsmaßnahmen wie z. B. die realitätsgetreue Gestaltung der Avatare, einen personalisierten Login sowie geeignete Handlungsanweisungen für Mitarbeitende bei der Arbeit im Metaverse. In der Praxis existieren beispielsweise bereits Vorgaben zu Mindestabständen zwischen den Avataren, um Schutz vor sexueller Belästigung in physischer Form zu gewährleisten.
Wer haftet bei Fehlverhalten von Mitarbeitenden im Metaverse?
Die Möglichkeit der Aufgabenerfüllung im Metaverse wirft neben den beschriebenen arbeitsschutzrechtlichen Aspekten für Unternehmen auch zahlreiche Fragen im Bereich der Haftung auf. Welchen Ansprüchen können diese bei einem fehlerhaften Verhalten ihrer Mitarbeitenden im Metaverse ausgesetzt sein?
Ob der Arbeitgeber für ein Fehlverhalten seiner Mitarbeitenden im Metaverse gegenüber Dritten haftet, wird sich danach entscheiden, ob der Mitarbeitende zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung bzw. schädigenden Handlung als Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 BGB für den Arbeitgeber tätig war. Soweit das Fehlverhalten in keinem sachlichen Zusammenhang mit der dem Mitarbeitenden übertragenen Aufgabe stand, dürfte eine Haftung abzulehnen sein. Um dies aus Arbeitgebersicht nachvollziehen zu können, bedarf es daher entsprechender Aufsichts- und Kontrollmechanismen im digitalen Raum. Dabei muss der Arbeitgeber ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Überwachung der Aktivitäten und dem Recht der Mitarbeitenden auf Privatsphäre finden.
Sollte dagegen ein Mitarbeitender einer Belästigung im Metaverse ausgesetzt sein, wird sich die Frage stellen, ob diesem ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 14 AGG zur Seite steht. Nach dieser Vorschrift sind Arbeitnehmer dazu berechtigt, die Erbringung ihrer Arbeitsleistung so lange auszusetzen, bis der Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnahmen ergreift.
Ausblick
Avatars überwiegen. Wir halten die Anordnung eines Arbeitgebers, am virtuellen Arbeitsplatz unter dem echten Namen aufzutreten und den eigenen Avatar möglichst realitätsnah zu gestalten, nicht nur für zulässig, sondern auch aus Arbeitgebersicht für empfehlenswert. Denn die erlaubte Anonymität im Metaverse dürfte die Hemmschwelle für ein virtuelles Fehlverhalten wie z. B. virtueller Belästigung oder Diskriminierung senken und somit Haftungsrisiken für Arbeitgeber erhöhen.