Digital Business13.10.2022 Newsletter

Aktualisierungspflicht und Widerrufsrecht: Neue Herausforderungen für Publisher nach BGB-Reform?

Wenn Publisher ihre Videospiele online vertreiben oder den In-Game Handel mit Items ermöglichen, müssen sie seit diesem Jahr rechtliche Neuheiten wie z. B. die Aktualisierungspflicht und Änderungen des Widerrufsrechts beachten. Doch welche Auswirkung haben diese Neuregelungen auf bereits etablierte Geschäftsmodelle der Publisher?

Aktualisierungspflicht: Nicht jeder bug muss aus rechtlichen Gründen behoben werden

Die BGB-Reform sieht eine Aktualisierungspflicht für digitale Produkte vor (§ 327f BGB). Hierunter fallen auch Videospiele. Die Aktualisierungspflicht soll den Erhalt der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts sicherstellen – sei es mit Blick auf Funktionalität und/oder Kompatibilität. Daneben umfasst die Aktualisierungspflicht Sicherheitsaktualisierungen, mit denen Sicherheitslücken geschlossen werden.

Gerade vor dem Hintergrund der „Fehleranfälligkeit“ von Videospielen ist fraglich, ob jeder Programmfehler zum Wegfall der Vertragsgemäßheit des Videospiels führt. Eine Aktualisierungspflicht des Publishers dürfte lediglich für solche bugs zu bejahen sein, die einen Einfluss auf das Spielgeschehen haben. Das kann der Fall sein, wenn gewisse Spielaktionen aus technischen Gründen nicht mehr oder nicht mehr korrekt ausgeführt werden können. Sogenannte visual bugs, die keinen direkten Einfluss auf das Spielgeschehen haben, dürften von der Aktualisierungspflicht hingegen nicht umfasst sein.

Vorteil für Publisher: Dauer der Aktualisierungspflicht wird nicht anhand starrer Kriterien bestimmt

Beim Kauf eines Videospiels ist von einer einmaligen Bereitstellung im Sinne des § 327 Abs. 1 Nr. 2 BGB auszugehen. In diesem Fall wird der Zeitraum, in dem eine Aktualisierungspflicht für Publisher besteht, nicht an starren Fristen gemessen. Stattdessen wird die Verbrauchererwartung im konkreten Einzelfall bestimmt. Da die Gaming-Szene teilweise sehr kurzlebig ist und Spiele wie „FIFA“ oder „Call of Duty“ jährlich einen neuen Titel veröffentlichen, dürften die Spieler vernünftigerweise davon ausgehen, dass der Publisher für die alten Titel keine Updates mehr bereitstellt. Das bedeutet für den Publisher jedenfalls für regelmäßig neu erscheinende Spieletitel nur eine zeitlich bis zur Veröffentlichung des neuen Titels begrenzte Aktualisierungspflicht.

Publisher, die ihre Spieletitel nicht regelmäßig überarbeiten und neu auf den Markt bringen, sind gut beraten, wenn sie als Anhaltspunkt für die Verbrauchererwartung von dem Gewährleistungszeitraum für Produktmängel ausgehen. Dies sind in der Regel zwei Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Im Falle von Sicherheitsaktualisierungen sollten sich Publisher aufgrund der besonderen Bedeutung der Sicherheitsaktualisierungen für den Spieler auf einen längeren Zeitraum einstellen, in dem sie zu Aktualisierungen verpflichtet sind.

Publisher sollte auf jeden Fall nicht vergessen, Spieler des Videospiels auch über die Aktualisierungen zu informieren. Gesetzlich ist nicht geregelt, auf welche Weise die Benachrichtigung des Spielers erfolgen muss. Publisher haben diesbezüglich freie Hand.

Widerrufsrecht: Rechtliche Folgen für In-Game Geschäftsmodelle der Publisher?

Publisher müssen seit dem 28. Mai 2022 auch die Regelungen zum Widerrufsrecht von Verträgen über die Bereitstellung von digitalen Inhalten im Blick behalten. Das bedeutet: Hat der Spieler eines Videospiels für dessen Nutzung ein Entgelt bezahlt oder dem Publisher seine personenbezogenen Daten überlassen, erlischt das Widerrufsrecht gemäß § 356 Abs. 5 Nr. 2 BGB unter bestimmten Voraussetzungen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwiefern das Widerrufsrecht auch für In-Game Käufe gilt. Hier ist zu unterscheiden: Erwirbt der Spieler mit Geld eine In-Game Währung, die er dann in ein Item umwandelt, dürfte es sich bei der ersten Transaktion „Geld gegen In-Game Währung“ um einen „normalen“ (Rechte-)Kaufvertrag zwischen dem Publisher und dem Spieler handeln. Der Publisher ist in diesem Fall verpflichtet, den Spieler über sein Widerrufsrecht zu belehren.

Publisher sollten unbedingt auf das Erlöschen des Widerrufsrechts hinwirken, um reihenweise Rückabwicklungen in Folge von Widerrufen zu verhindern. Dies ist ratsam, weil der Spieler keinen Wertersatz für den Spielvorteil im konkreten Fall leisten muss (§ 357a Abs. 3 BGB). Das gilt allerdings nur dann, wenn sich die digitalen Inhalte – wie heutzutage üblich – nicht auf CDs, DVDs oder Ähnlichem befinden.

Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, ob ein Spieler auch die zweite Transaktion „In-Game Währung gegen Item“ widerrufen kann. Das wäre nur der Fall, wenn die zweite Transaktion als Rechtsgeschäft einzuordnen wäre. Es sprechen gute Gründe dafür, dass die zweite Transaktion den Spielregeln des Videospiels unterfallen und kein eigenes Rechtsgeschäft darstellen. Dann dürfte der Spieler diese Transaktion nicht widerrufen. Die Umwandlung von In-Game Währung in Items ist gerade entscheidender Bestandteil solcher Videospiele, die In-Game-Transaktionen vorsehen. Da hierdurch Spieler in ihrer Nutzung des Videospiels nicht beschränkt werden, dürften In-Game Transaktionen grundsätzlich unter die Spielregeln fallen, die der Publisher festgelegt hat.

Einfacher ist es, wenn der Spieler das Videospiel unentgeltlich erlangt hat. In diesem Fall erlischt das Widerrufsrecht des Spielers automatisch, sobald der Publisher mit der Vertragserfüllung begonnen hat (§ 356 Abs. 5 Nr. 1 BGB). Entsprechendes gilt auch für im Rahmen des Videospiels unentgeltlich erlangte Leistungen. Erspielt sich der Spieler beispielsweise im Videospiel In-Game-Währungen, die zur Erlangung von Items eingesetzt werden können, erlischt das Widerrufsrecht des Spielers mit Bereitstellung des jeweiligen Items.

Fazit

Bugs können schnell zur Verärgerung der Spieler führen und zu einem Imageschaden führen. Um dies zu vermeiden, sollten Publisher sie schnellstmöglich beheben. Es ist Vorsicht geboten, wenn mit dem nächsten Patch auch an anderen Stellschrauben des Videospiels gedreht wird. Es ist daher ratsam, ein sogenanntes „Legal Patching Audit“ vornehmen zu lassen. Wenn das Geschäftsmodell auf In-Game-Transaktionen ausgelegt ist, sollten Publisher darauf hinwirken, dass das Widerrufsrecht der Spieler möglichst schnell erlischt. Andernfalls setzen sie ihr Geschäftsmodell im wahrsten Sinne des Wortes aufs Spiel.

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Caterina Hanke

Caterina Hanke

Junior PartnerinRechtsanwältin

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