29.04.2021 Newsletter

Update FAQ: Beschäftigtentestung und betriebliche Corona-Schutzimpfung

1. Sind Unternehmen verpflichtet, ihre Beschäftigten testen zu lassen?

Nach der Dritten Verordnung zur Änderung der Sars-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, die zum 23. April 2021 in Kraft trat, sind Unternehmen nun verpflichtet, allen Beschäftigten, die nicht ausschließlich im Home-Office tätig sind, regelmäßig zweimal pro Woche einen Corona-Test (PCR bzw. Antigen-Schnelltest zur professionellen oder Selbstanwendung) anzubieten. Für die Beschäftigten besteht grundsätzlich weiterhin keine Pflicht, die Testangebote in Anspruch zu nehmen. Die Unternehmen müssen jedoch Nachweise über die Beschaffung von Tests, z.B. Rechnungen etwaiger Lieferanten oder Verträge und Abrechnungen mit zur Durchführung der Tests beauftragten Dienstleistern, bis zum 30. Juni 2021 aufbewahren.

Neben dieser allgemeinen Pflicht Testangebote für Beschäftigte vorzuhalten besteht nach verschiedenen bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen in einzelnen Bundesländern und bundeseinheitlich für bestimmte Gruppen von Beschäftigten eine Testpflicht, so etwa in Sachsen oder Berlin für Beschäftigte mit direktem Kundenkontakt oder gemäß § 3 CoronaTestVO für das Personal von stationären Pflegeeinrichtungen.

2. In welcher Form sollten Unternehmen ihre Beschäftigten über die Testangebote informieren?

Gesetzliche Anforderungen an die Testangebote für Beschäftigte bestehen nicht, so dass grundsätzlich jede geeignete Information über eine Testmöglichkeit zulässig ist.

Es empfiehlt sich jedoch, das Testangebot an alle im Betrieb anwesenden Mitarbeiter, z.B. per E-Mail oder Aushang, zu machen. Inhaltlich sollte das Angebot darüber informieren, wo und wann die Tests jeweils durchgeführt werden bzw. erhältlich sind und wie diese bestimmungsgemäß anzuwenden sind. Weiter sollte darauf hingewiesen werden, dass die Annahme des Angebots freiwillig ist, dem Beschäftigten durch den Test keine Kosten entstehen und wie im Falle eines positiven Testergebnisses vorzugehen ist.

3. Können Unternehmen Beschäftigte zum Test verpflichten?

Die Frage, ob Unternehmen auch ohne gesetzliche Regelung und ohne konkreten Verdacht einer Infektion die Durchführung eines Corona-Tests anordnen dürfen, ist bislang noch nicht durch die Rechtsprechung geklärt. Vorgaben für verpflichtende Test gibt es derzeit nur für Krankenhäuser und vergleichbare Einrichtungen der medizinischen Versorgung, für Einrichtungen zur Pflege und Betreuung (vgl. CoronaTestVO) sowie nach landesrechtlichen Vorschriften für bestimmte Gruppen von Beschäftigten.

Soweit eine Testpflicht mittels Direktionsrecht oder auf der Grundlage einer kollektiven Regelung erfolgen soll, gilt zunächst zu beachten, dass eine Testpflicht einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten darstellt. D.h., eine pauschale Testpflicht für alle Beschäftigten dürfte unzulässig sein, vielmehr müssen die betrieblichen Umstände berücksichtigt werden wie z.B. Infektionsrisiken. Ein wesentliches Argument hierbei ist auch die Fürsorgepflicht der Unternehmen. Im Einzelnen:

Eine Mitwirkungspflicht des Beschäftigten bei der Durchführung regelmäßiger Corona-Tests ergibt sich aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs.2 BGB, wonach Beschäftigte im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren gehalten sind, drohende Schäden vom Unternehmen sowie von anderen Beschäftigten abzuwenden bzw. gering zu halten. In Betracht kommt eine Durchsetzung mittels arbeitgeberseitigen Weisungsrechts nach § 106 Satz 2 GewO.

Dabei dürfte es maßgeblich darauf ankommen, ob die Weisung bzw. die Mitwirkungshandlung aufgrund der Rücksichtnahmepflicht billigem Ermessen entspricht bzw. zumutbar ist. Dies ist anhand einer Interessenabwägung im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Zu den schutzwürdigen Interessen der Beschäftigten zählen insbesondere die körperliche Unversehrtheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Seitens der Unternehmen besteht ein berechtigtes Interesse auf wirtschaftliche Betätigung und Erfüllung der ihnen zukommenden Schutz- und Fürsorgepflichten gegenüber den Beschäftigten.

Bei Abwägung der jeweiligen Rechtspositionen kann unseres Erachtens eine Testpflicht für Beschäftigte im Einzelfall durchaus vertreten werden. Zum einen kann z.B. auf sog. „Spucktests“ zurückgegriffen werden, die ohne Abstrich im Nasen- oder Rachenraum durchgeführt werden und daher im Vergleich zu bekannten PCR-Tests als wesentlich angenehmer für die Beschäftigten einzustufen sind. In diesen Fällen ist die Testung nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden. Zum anderen lässt sich durch regelmäßige Schnelltests das Risiko unbekannter Infektionen und daraus folgender Massenansteckungen verringern, was der Vermeidung (schwerwiegender) Gesundheitsschäden dient und damit der Fürsorgepflicht des Unternehmens entspricht.

Sofern aufgrund dieser Abwägung eine Testpflicht in Betracht kommt, sollte die Einführung verpflichtender Corona-Tests für Beschäftigte verbindlich geregelt werden, wobei auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten sind, da eine solche Testpflicht sowohl das betriebliche Ordnungsverhalten wie auch den betrieblichen Gesundheitsschutz betrifft.

4. Ist bei einer Testpflicht der Betriebsrat zu beteiligen?

Eine Testpflicht unterliegt der Mitbestimmung in jedem Fall nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (Arbeits- und Gesundheitsschutz). Die Betriebsparteien haben über die Regelung des § 75 Abs. 2 BetrVG bei Verhandlung und Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu beachten, so dass auch die Betriebsparteien nicht ohne eine dezidierte Auseinandersetzung mit dem Für und Wider eine Betriebsvereinbarung abschließen können. Regelungen, wonach die Testpflicht pauschal auf alle im Unternehmen beschäftigten erstreckt werden und auch jene erfasst werden, die ausschließlich oder überwiegend im Home-Office tätig sind, sind unzulässig. Beschäftigte können also einen Test verweigern.

5. Was gilt, wenn Beschäftigte die Mitwirkung bei einem Corona-Test verweigern?

Verweigert der Beschäftigte die Durchführung eines zulässigerweise angeordneten Corona-Schnelltests, so kann dieser mangels Zugangs zu seinem Arbeitsplatz seine vertragsgemäße Leistung nicht erbringen, so dass für die „ausgefallenen“ Zeiten gemäß § 326 BGB kein Vergütungsanspruch besteht. Bei wiederholter Weigerung des Beschäftigten kommt auch eine Abmahnung oder Kündigung des Beschäftigten in Betracht. 

6. Können Unternehmen eigene Teststellen im Betrieb einrichten? Was muss hierbei beachtet werden? Welche Haftungsrisiken bestehen?

Die Durchführung betrieblicher Corona-Testungen kann durch hinreichend geschultes eigenes Personal sowie durch Dritte, etwa anerkannte Testzentren oder Dienstleister durchgeführt werden. Bei der Errichtung solcher Teststellen sind ebenfalls die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.

Selbsttests werden grundsätzlich durch den Anwender selbst durchgeführt und stellen keine besonderen formalen Anforderungen an den Endanwender. Lediglich PoC-Antigen-Schnelltests sind durch medizinisches bzw. geeignetes und geschultes Personal durchzuführen. Führt ein Arzt oder anderes medizinisches Personal mit mindestens dreijähriger Ausbildung die Testung durch, haften diese nach den allgemeinen berufsrechtlichen Grundsätzen. Eine Haftung des Unternehmens kommt in diesem Fall nicht in Betracht. Lässt das Unternehmen Schnelltests durch eigene Beschäftigte durchführen, die eigens dafür geschult wurden, kann es in Einzelfällen zu einer Haftung kommen. Die Unternehmen trifft in diesen Fällen eine sog. Auswahl- und Überwachungspflicht, d.h. das Unternehmen muss das eigene Personal sorgfältig auswählen, schulen und einweisen. Die Schulung von eigenen Beschäftigten sollte zu Nachweiszwecken dokumentiert werden.

7. Welche Tests können von Unternehmen verwendet werden?

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stellt auf seinem Internetauftritt eine Auflistung von zugelassenen Corona-Schnell- und Selbsttests vor (hier weiterlesen).

8. Können Unternehmen von den Beschäftigten verlangen, das Ergebnis des Corona-Tests mitzuteilen?

Im Falle einer freiwilligen Inanspruchnahme des Testangebots durch Beschäftigte besteht grundsätzlich keine Verpflichtung für Beschäftigte, dem Unternehmen das Testergebnis mitzuteilen. Gleichermaßen bestehen auch keine Dokumentationspflichten für Unternehmen.

Im Falle eines positiven Testergebnisses ist der Beschäftigte jedoch zur sofortigen Absonderung verpflichtet, d.h. Beschäftigte müssen den Betrieb umgehend verlassen. Im Hinblick auf die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs.2 BGB wird teilweise auch vertreten, dass Beschäftigte verpflichtet sind, dem Arbeitgeber ein positives Testergebnis mitzuteilen, damit dieser seiner Fürsorgepflicht nachkommen und gesundheitliche Belange der anderen Beschäftigten wahrnehmen könne. Dies würde jedenfalls dann nicht gelten, wenn eine Ansteckung von Kollegen ausgeschlossen werden kann (z.B. Beschäftigter war bisher im Home-Office tätig und Testung erfolgte vor Betreten des Betriebes).

Führt ein (Betriebs-) Arzt oder geschultes Personal den Corona-Schnelltest durch, so ist diese Person nach §§ 8 Abs.1 Nr.1, 9 IfSG verpflichtet, ein positives Testergebnis an das zuständige Gesundheitsamt zu melden.  

9. Welche datenschutzrechtlichen Voraussetzungen sind bei der Testung und Auswertung zu beachten?

Bei der Auswertung der Tests handelt es sich datenschutzrechtlich um die Erhebung von Gesundheitsdaten. Die Zulässigkeit der Datenverarbeitung richtet sich im Wesentlichen nach § 26 Abs. 3 BDSG. Dieser besagt, dass Datenverarbeitung zulässig ist, sofern sie zur Erfüllung von Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist und kein Grund zur Annahme besteht, dass ein der Verarbeitung entgegenstehendes Interesse des Beschäftigten überwiegt. Die bezweckte Erfüllung der Schutz- und Fürsorgepflichten des Unternehmens dürfte die Interessen des Beschäftigten überwiegen. Bestätigt wird die Annahme durch §§ 22 Abs. 1 lit. b., 24 BDSG, wonach die Verarbeitung solcher Daten zum Zweck der Gesundheitsfürsorge und für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten zulässig sein soll. Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei den erhobenen Gesundheitsdaten nur um punktuelle Datensätze handeln darf, die nicht gespeichert oder katalogisiert werden dürfen und unmittelbar nach Vorlage vernichtet werden müssen. Zudem sollten die Beschäftigten nach Art. 13 DSGVO über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten informiert werden, etwa durch Übergabe eines Formblattes mit Angaben über den Zweck der Weitergabe von Testergebnissen.

10. Muss oder kann das Unternehmen seinen Beschäftigten eine Impfung anbieten?

Allgemein besteht keine gesetzliche Pflicht für Unternehmen Corona-Impfungen anzubieten. Zurzeit werden Impfungen gegen COVID-19 hauptsächlich in Impfzentren bzw. durch mobile Impfteams und durch Hausärzte angeboten. Nach § 6 Abs.1 CoronaImpfVO ist es allerdings grundsätzlich möglich, dass Impfungen auch durch Betriebsärzte vor Ort in den Betrieben vorgenommen werden. Zudem ist nach Aussage des Bundesgesundheitsministers geplant, mit steigender Impfstoffkapazität ab Juni auch die Betriebsärzte in die Impfkampagne zu integrieren.

11. Wer trägt die Kosten einer Impfung?

Eine Pflicht zur Übernahme der Kosten der Unternehmen von im Betrieb angebotenen Impfungen besteht lediglich für den Fall, dass es sich um eine sog. berufsbedingte Impfung handelt, auf die der Beschäftigte einen Anspruch hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Beschäftigte durch seine Tätigkeit einem im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt ist (§ 6 Abs. 2 S. 3 ArbMedVV) und das durch den Betriebsarzt auf Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung festgestellt wurde. Im Hinblick auf COVID-19 dürfte dies aufgrund der allgemeinen Pandemie-Lage regelmäßig nicht der Fall sein, soweit es sich nicht um eine Tätigkeit in einer besonders gefährdeten Berufsgruppe, wie etwa Beschäftigte im Gesundheitswesen, handelt. Eine allgemeine Pflicht des Unternehmens, die Kosten für eine Corona-Schutzimpfung zu tragen, besteht daher grundsätzlich nicht.

In der Regel trägt die gesetzliche Krankenversicherung des Beschäftigten die Kosten für eine Schutzimpfung. Covid-19-Schutzimpfungen zählen zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse (§ 20i SGB V i.V.m. der Coronavirus-Impfverordnung). Zwar nehmen Betriebsärzte und Arbeitsmediziner meist nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil, sodass durch sie erbrachte Leistungen nicht über die Krankenkassen abgerechnet werden können. Zur Erhöhung der Impfquote ist jedoch gesetzlich festgelegt, dass Krankenkassen auch mit ihnen Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen abschließen sollen (§ 132e SGB V). Wurde ein solcher Vertrag abgeschlossen trägt die Krankenkasse auch die Kosten für im Betrieb durchgeführte Impfungen.

Wurde kein Vertrag nach § 132e SGB V abgeschlossen, so trägt grundsätzlich das Unternehmen die Kosten einer betrieblichen Covid-19-Schutzimpfung. Allerdings ist in diesem Fall zu beachten, dass das Unternehmen diese Leistungen gem. § 3 Nr. 34 EStG bis zu einem Wert in Höhe von EUR 600 pro Arbeitnehmer pro Jahr grundsätzlich lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei gewähren kann.

12. Was gilt im Hinblick auf die Priorisierung bei einer innerbetrieblichen Impfung?

Zurzeit gilt die allgemeine Impfpriorisierung auch für das Impfen im Betrieb, so dass nur solchen Beschäftigten eine Covid-19-Impfung angeboten werden darf, für die eine entsprechende Priorität im Sinne der CoronaImpfVO vorliegt.

Mit zunehmender Verfügbarkeit von Impfstoffen erscheint die zeitnahe Auflösung der starren Impfreihenfolge wahrscheinlich. In diesem Falle stellt sich die Frage, welcher Maßstab zur Verteilung der Impfangebote auf die Beschäftigten eines Betriebes heranzuziehen ist. Vor dem Hintergrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dürfte eine unterschiedliche Behandlung einzelner Beschäftigter nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig sein. In Betracht kommt z.B. eine erhöhte Gefährdung bestimmter Beschäftigter durch vermehrte Kontakte.

13. Welche Haftungsrisiken bestehen für Unternehmen?

Eine vertragliche Haftung des Unternehmens für potentielle Impfschäden, etwa infolge mangelnder Aufklärung, scheidet aus, wenn nicht das Unternehmen, sondern allein der Betriebsarzt Vertragspartei des Behandlungsvertrages wird. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur betrieblichen Grippeschutzimpfung (vgl. BAG, Urt. vom 21.12.2017 – 8 AZR 853/16) sollten hierzu insbesondere folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Bei dem Betriebsarzt handelt es sich um einen freiberuflichen Arzt, der nicht beim Unternehmen angestellt ist.
  • Der Betriebsarzt lädt im eigenen Namen zur Impfung ein und das Impfangebot enthält keine Hinweise darauf, dass das Unternehmen Vertragspartner werden möchte.
  • Die Impfung sollte in einem für die Beschäftigten frei zugänglichen Bereich des Betriebes stattfinden, in dem das Unternehmen üblicherweise keine Behandlungen durchführt.

Die aus dem Arbeitsverhältnis erwachsende Pflicht des Unternehmens beschränkt sich darauf, den freiberuflichen Betriebsarzt sorgfältig auszuwählen. Eine darüberhinausgehende Pflicht des Unternehmens, die behandelnden Ärzte bei der Durchführung der Impfung zu überwachen, besteht hingegen nicht. Auch im Hinblick auf eine deliktische Haftung des Unternehmens aus §§ 823 Abs.1, 831 BGB für Schäden, die aus einer Covid-19-Impfung resultieren, besteht für die Unternehmen kein Haftungsrisiko, sofern der freiberufliche Betriebsarzt ordnungsgemäß ausgewählt wurde. 

14. Könnten angestellte Betriebsärzte damit nicht impfen?

Für angestellte Betriebsärzte ist die aufgezeigte Rechtslage unbefriedigend, da in diesem Fall das Unternehmen Vertragspartei des Behandlungsvertrages wird und dies die Impfinitiativen der Unternehmen einschränken kann.

In der Praxis zeichnet sich hier ab, dass über entsprechende Versicherung etwaige Impfrisiken abgedeckt werden können. Etliche Betriebshaftpflichtversicherungen decken Impfungen ab. Hier sollte das Unternehmen also die Betriebshaftpflichtversicherung prüfen und ggf. eine Extra-Police abschließen.  

15. Können Unternehmen ihre Beschäftigten zur Impfung verpflichten? Können alternativ Anreize zur Impfung gewährt werden?

Eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht gegen das Coronavirus besteht aktuell nicht und ist nach derzeitiger Lage auch nicht geplant. Daher ist auch eine Anordnung des Unternehmens zur Impfung an die Beschäftigten – weder per Direktionsrecht noch durch arbeitsvertragliche Regelung – nicht rechtswirksam durchsetzbar.

Um die Impfbereitschaft zu fördern, können Unternehmen ihren Beschäftigen Sonderleistungen, z.B. einen Tag Sonderurlaub oder eine einmalige Sonderzahlung, für den Fall versprechen, dass diese sich impfen lassen. Bei der Ausgestaltung solcher Sonderleistungen ist das Unternehmen weitestgehend frei. Es sollte jedoch beachtet werden, dass es sich lediglich um einen Anreiz handelt, d.h. die Höhe oder der Umfang der Sonderleistung dürfen nicht geeignet sein, auf den Beschäftigten einen Druck auszuüben, der einem Impfzwang gleichkommt. Zudem ist bei der Gewährung von Sonderleistungen stets der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, so dass z.B. Teilzeitbeschäftigte nicht schlechter gestellt werden dürfen als Vollzeitbeschäftigte.

16. Welche Mitbestimmungsrechte sind bei der Einführung eines innerbetrieblichen Impfkonzepts zu berücksichtigen?

Bei der Einführung betrieblicher Impfprogramme müssen auch die Beteiligungsrechte des Betriebsrats berücksichtigt werden, soweit vorhanden. Zum einen hat der Betriebsrat ein Überwachungsrecht gemäß § 80 Abs.1 Nr.1 BetrVG hinsichtlich der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften, zu denen auch die ArbMedVV gehört, so dass der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über geplante Impfangebote des Unternehmens unterrichtet werden muss.

Darüber hinaus kommen auch etwaige Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs.1 BetrVG, insbesondere Nr.1 (Fragen der Ordnung und des Verhaltens im Betrieb) und Nr. 7 (Regelungen zum Gesundheitsschutz) in Betracht. Sofern es sich jedoch bei den Impfangeboten des Arbeitgebers um freiwillige Leistungen handelt und hierzu keine verpflichtende Regelung besteht, die durch den Arbeitgeber ausgefüllt werden muss, ist der Anwendungsbereich dieser Mitbestimmungsrechte nicht eröffnet. Gewährt das Unternehmen für die Teilnahme an einer betrieblichen Schutzimpfung Prämien oder sonstige Anreize für die Beschäftigten, ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs.1 Nr. 10 BetrVG zu beachten, da es sich um einen Teil der betrieblichen Lohngestaltung handelt.

17. Müssen Unternehmen ihre Beschäftigten für einen Impftermin freistellen?

Ähnlich wie für Arzttermine, gilt auch für Impftermine, dass diese außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen sind, so dass nach dem Grundsatz „ohne Lohn keine Arbeit“ der Vergütungsanspruch für entsprechende Zeiten entfällt. Die Wahrnehmung eines Impftermins dürfte jedoch als persönlicher Hinderungsgrund im Sinne von § 616 Satz 1 BGB anzusehen sein mit der Folge, dass der Vergütungsanspruch für die Zeit der Abwesenheit ausnahmsweise bestehen bleibt. Dies gilt allerdings nur, wenn es den Beschäftigten nicht möglich ist, den Impftermin außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen, z.B., wenn dieser von der Behörde fest vorgegeben wurde.

Die Regelung des § 616 BGB kann jedoch im Arbeitsvertrag abbedungen sein, so dass das Unternehmen auch bei behördlicher Zuweisung eines Impftermins keine Vergütung zahlen muss.

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Jörn Kuhn

Jörn Kuhn

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