Luftfahrt und VerteidigungAußenhandel / Compliance & Internal Investigations21.10.2020 Newsletter
Neufassung der Grundsätze zur Zuverlässigkeit von Exporteuren
Mit der am 20.10.2020 in Kraft getretenen Änderung der Bekanntmachung zu den Grundsätzen der Bundesregierung zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Exporteuren von Kriegswaffen und rüstungsrelevanten Gütern, hat das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) der bestehenden Regelung weitere Bestimmungen für innerbetriebliche Compliance-Programme (ICP) hinzugefügt. Insbesondere werden die Anforderungen an einen zu benennenden Ausfuhrverantwortlichen konkretisiert.
Bereits durch die Grundsätze der Bundesregierung zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Exporteuren von Kriegswaffen und rüstungsrelevanten Gütern („Grundsätze“) vom 25.07.2001 wurde festgelegt, dass die außenwirtschaftsrechtliche Zuverlässigkeit eines Antragstellers als persönliche Voraussetzung nach § 8 Abs. 2 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) unter anderem von der Benennung eines Ausfuhrverantwortlichen abhängt. Das Erfordernis der Benennung eines Ausfuhrverantwortlichen wurde bisher durch die Bekanntmachung der Bundesregierung zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Exporteuren von Kriegswaffen und rüstungsrelevanten Gütern vom 27.07.2015 konkretisiert. Diese Konkretisierung wurde nun durch die neue Regelung vom 15.09.2020 weiter angepasst. Die wesentlichen bisherigen Regelungen bleiben zwar unverändert bestehen, es finden sich aber einige interessante Konkretisierungen und Ergänzungen, die auch auf die Praxis der internen Compliance-Systeme und die Gestaltung von ICPs Auswirkung haben werden. In diesem Newsletter werden einige grundsätzliche Regelungen im Zusammenhang mit der Position des Ausfuhrverantwortlichen erneut dargestellt. Darüber hinaus bewerten wir die Konkretisierungen und Ergänzungen der Grundsätze. Während bislang schlicht von Organisationspflicht, Personalauswahl- und -weiterbildungspflicht sowie Überwachungspflicht die Rede war, wird die neue Regelung basierend auf den Anforderungen an ein ICP (Weitere Details zum ICP finden sich im entsprechenden BAFA-Merkblatt von 3/2018 hier) zu wesentlich detaillierter. Dies wird aus unserer Sicht nicht ohne Auswirkungen auf die Interne Exportkontrolle bleiben (dazu Ziffer 2).
Im Einzelnen:
1. Anforderungen an die Person des Ausfuhrverantwortlichen
Die Allgemeinverfügung bestimmt, dass der Ausfuhrverantwortliche zwingend Mitglied des vertretungsberechtigten Organs (zumeist also Vorstand / Geschäftsführung) der antragstellenden Organisation sein muss. Ebenfalls muss in der internen Geschäftsverteilung festgelegt sein, dass der betreffenden Person die Aufgaben einer ordnungsgemäßen Durchführung genehmigungspflichtiger Ausfuhren und Verbringungen auferlegt sind.
Zur Benennung des Ausfuhrverantwortlichen ist das neu gefasste Formular AV 1 an das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle zu senden. Die Urschrift ist hierbei für die Dauer von fünf Jahren aufzubewahren und dem BAFA auf Verlangen vorzulegen.
Die Benennung bleibt dem BAFA gegenüber bis zu ihrem Widerruf gültig. Es besteht eine Verpflichtung der übrigen Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs, dem BAFA ein Ausscheiden der Ausfuhrverantwortlichen Person aus dem Organ, oder einen Wechsel in der Person des Ausfuhrverantwortlichen anzuzeigen.
2. Aufgaben des Ausfuhrverantwortlichen
Der Ausfuhrverantwortliche ist umfassend und persönlich für die Einhaltung der außenwirtschaftlichen Vorschriften verantwortlich. In diesem Zusammenhang obliegt es ihm ein innerbetriebliches Compliance-Programm einzuführen. Die Kernelemente der Compliance waren auch bisher schon Teil des Pflichtenkreises des Ausfuhrverantwortlichen. Allerdings werden diese nun in mancher Hinsicht noch deutlicher und detaillierter gefasst.
Im Einzelnen werden die Elemente eines ICP konkret angesprochen (weitere Details dazu in Abschnitt 4 des ICP-Merkblattes des BAFA hier):
Bekenntnis der Unternehmensleitung zu den Zielen der Exportkontrolle:
Das Bekenntnis der Unternehmensleitung („tone at the top“) gilt als unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Compliance. Es wird fortan darauf zu achten sein, dass in den allgemeinen Compliance Policies oder Codes of Conduct die Exportkontrolle deutlich abgebildet und angesprochen wird, um diesem Erfordernis des tone at the top gerecht zu werden.
Risikoanalyse:
Die Risikoanalyse ist eine zwingende Voraussetzung für ein erfolgreiches und sinnvolles internes Compliance-System. Denn nur, wenn klar ist, welchen Risiken konkret begegnet werden muss, kann ein für die jeweiligen Bedürfnisse des Unternehmens effektives und effizientes Compliance-System etabliert werden. Hervorzuheben ist daher der Umstand, dass insbesondere das Element der Risikoanalyse deutlich in der Neufassung der Bekanntmachung angesprochen wird. Hieraus lässt sich eindeutig schließen, dass sich die Anforderungen an Compliance-Systeme in Bezug auf ihre „Passgenauigkeit“ erhöhen werden. Ein copy / paste von „Musterlösungen“ ist damit nicht mehr zielführend.
Aufbauorganisation / Verteilung von Zuständigkeiten:
Dies ist ein Element der Compliance-Organisation, dass sich bereits jetzt in den allermeisten internen Compliance-Systemen wiederfindet.
Personelle und technische sowie sonstige Arbeitsmittel:
Auch hierbei handelt es sich um einen „alten Bekannten“, der für die meisten exportierenden Unternehmen keinen Handlungsbedarf auslösen dürfte.
Ablauforganisation:
Die Ablauforganisation ist ebenfalls ein Klassiker der Compliance, der keine besondere Herausforderung für die meisten Adressaten der „Grundsätze“ darstellen wird.
Führen von Aufzeichnungen und Aufbewahrung von Unterlagen:
Die Dokumentation ist ein weiteres Kernelement der allgemeinen Compliance. Diese wird in der Neufassung erstmals explizit angesprochen.
Personalauswahl, Schulungen und Sensibilisierungen:
Gerade im Bereich der Exportkontrolle hat sich ein differenziertes System von internen und externen Trainings etabliert. Auch diesem Erfordernis nachzukommen, sollte daher eine zu bewältigende Aufgabe sein. Ein Schulungsplan ist in diesem Kontext ein wichtiges Instrument. Es muss nachvollziehbar festgelegt werden, wer durch wen in welchem Intervall geschult wird.
Prozessbezogene Kontrollen / SystembezogeneKontrollen / Korrekturmaßnahmen / Hinweisgebersystem:
Hierbei handelt es sich wiederum um ein Kernelement der Compliance, das aber erstmals in dieser Ausführlichkeit angesprochen wird. Bislang war schlicht von Überwachung die Rede. Dies mag für den einen oder anderen Adressaten der Grundsätze eine Herausforderung darstellen, da die Durchführung von Kontrollen in der Praxis oft nicht systematisch, sondern eher opportunistisch erfolgt. Dies könnte in Zukunft als nicht ausreichend angesehen werden.
In diesem Zusammenhang ist im Blick zu behalten, dass die sogenannte Hinweisgeber-Richtlinie der EU (2019/1937) bis Dezember 2021 in nationales Recht umzusetzen ist. Die dann geltenden gesetzlichen Vorgaben müssen auch für die Exportkontrolle berücksichtigt werden.
Physische und technische Sicherheit:
Dies ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt, der über den sonstigen allgemeinen Compliance-Rahmen hinausgreift und bislang in den Grundsätzen nicht angesprochen wurde. Auch hier sollten die Adressaten prüfen, ob bestehende Maßnahmen ausreichen und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen.
3. Delegation der Zeichnungsbefugnis
Grundsätzlich hat der Ausfuhrverantwortliche Anträge auf Erteilung einer Ausfuhr- / Verbringungsgenehmigung zu stellen. Sofern die Zeichnungsbefugnis delegiert wird, können diese auch von einer anderen Person gestellt werden. Hierfür ist Voraussetzung, dass dem BAFA das Formular AV 2 übersandt wird. Die Delegation ist für ein Jahr gültig. Die Urschrift ist wie auch im Fall der Benennung des Ausfuhrverantwortlichen für fünf Jahre aufzubewahren und ggf. dem BAFA vorzuweisen. Eine Delegation des Zeichnungsrechts berührt die Verpflichtungen des Ausfuhrverantwortlichen dabei nicht.
4. Rechtsfolgen bei Verstößen oder Unzuverlässigkeit des Ausfuhrverantwortlichen
Liegen Anhaltspunkte vor, dass der Ausfuhrverantwortliche gegen außenwirtschaftliche Vorschriften oder sonstige einschlägige Vorschriften verstoßen hat, die nicht lediglich im Bagatellbereich anzusiedeln sind, führt das BAFA eine Zuverlässigkeitsprüfung durch (zusätzlich zu etwaigen straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlichen Folgen). Bis zur Aufklärung des Sachverhalts kann von einer Entscheidung über Anträge abgesehen werden.
Kommt der Ausfuhrverantwortliche seinen Pflichten nicht gewissenhaft nach, können sich somit erhebliche wirtschaftliche Risiken für ein Unternehmen ergeben. Dies kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Verträge nicht eingehalten werden können, da ein Antrag auf Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung nicht bearbeitet wird. Aus diesem Grund wird in Zukunft ein erhebliches Interesse der Unternehmensleitung darin bestehen, einen qualifizierten und Ausfuhrverantwortlichen zu bestellen.