Automotive und Mobility, Energie und Infrastruktur07.10.2021 Newsletter
Dienstwagen 2.0: Elektro- bzw. Hybrid-Dienstwagen oder gleich ein Mobilitätsbudget?
Die fortschreitende Entwicklung von Elektro- und Hybridfahrzeugen nutzen viele Arbeitgeber, um in puncto Dienstwagen neue Wege zu gehen. Arbeitgeber können einen sichtbaren Beitrag zur Emissionsreduzierung leisten und gleichzeitig klimabewusste Mitarbeiter an sich binden und neu gewinnen.
Wir zeigen, welche arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen Arbeitgeber bei der Einführung von Elektro- und Hybrid-Dienstwagen beachten müssen und welche steuerrechtlichen Besonderheiten gelten.
Arbeitsrechtliche Umsetzung in der Dienstwagenordnung
Darf ein Mitarbeiter einen Dienstwagen auch privat nutzen, muss dies individuell zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter geregelt sein. Das kann entweder im Arbeitsvertrag oder einem Dienstwagenüberlassungsvertrag vereinbart werden. Arbeitgeber, die zahlreichen Mitarbeitern einen Dienstwagen überlassen, regeln die konkreten Modalitäten häufig in einer separaten Dienstwagenordnung (Dienstwagenrichtlinie/Car-Policy) und verweisen bei anspruchsberechtigten Mitarbeitern auf diese im Dienstwagenüberlassungsvertrag oder im Arbeitsvertrag. Bei späteren Änderungen einer einseitig vom Arbeitgeber aufgestellten Dienstwagenordnung sollte beachtet werden, dass etwaige Änderungsvorbehalte im Arbeitsvertrag gem. § 308 Nr. 4 BGB i. d. R. unwirksam sind. Dementsprechend sollte mit Bestandsarbeitnehmern die Anwendbarkeit der neuen (geänderten) Dienstwagenordnung stets neu schriftlich vereinbart werden.
Anpassungsbedarf bei Elektro- oder Hybrid-Dienstwagen
Entschließt sich ein Arbeitgeber, Mitarbeitern alternativ Elektro- oder Hybridfahrzeuge als Dienstwagen anzubieten, sollten Arbeitgeber zunächst eine bestehende Dienstwagenordnung dahingehend anpassen. Auf dieser Grundlage können Arbeitgeber und Mitarbeiter dann bestehende individuelle Vereinbarungen anpassen bzw. neu abschließen. Der rechtliche Rahmen ist also unabhängig von der Art des Dienstwagens derselbe. Gleichwohl sind bei der Überlassung von Elektro- oder Hybridfahrzeugen eine Vielzahl neuer Fragen in der Dienstwagenordnung regelungsbedürftig. Dies betrifft u. a. die Frage, ob Arbeitgeber in ihren Betrieben Ladestationen installieren, diese durch Drittanbieter zur Verfügung stellen oder dem Arbeitnehmer eine Ladestation, eine sog. Wallbox, an dessen Wohnsitz zur Verfügung stellen.
Ladestationen im Betrieb oder zuhause?
Installiert der Arbeitgeber Ladestationen in seinem Betrieb, ist zu klären, in welchem Zeitumfang einzelne Mitarbeiter diese nutzen dürfen. Ist ein Betriebsrat vorhanden, so löst dieses ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG aus. Zudem kann bei erlaubter Privatnutzung des Elektro- oder Hybriddienstwagens und einer kostenfreien Ladestation im Betrieb das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betroffen sein, sodass über die Verteilungskriterien mit dem Betriebsrat eine Regelung zu treffen ist. Eine eventuell vorhandene Parkplatzordnung sollte ebenfalls angepasst werden.
Überlässt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern Ladestationensog. Wallboxen, an deren Wohnsitzen, ist beispielsweise zu regeln, wer die Kosten für Installation, Wartung und Ladestrom trägt, und ob weitere in dem Haushalt des Mitarbeiters lebende Personen diese ebenfalls nutzen dürfen. Der Vorteil der Wallbox besteht für die Mitarbeiter darin, dass sie diese jederzeit zuhause zum Laden nutzen können. Das wiederum dürfte die Nutzungsrate bei Hybridfahrzeugen erhöhen und stellt einen Anreiz für Mitarbeiter dar, sich für einen Hybriddienstwagen zu entscheiden. Andererseits ist ein arbeitgeberfinanziertes Laden eines Elektrofahrzeugs außerhalb des Firmengeländes, wie z. B. an der heimischen Wallbox, aktuell nicht in identischer Weise steuerbegünstigt wie das kostenlose oder verbilligte Aufladen elektrischer Dienst- oder Privatwagen an einer ortsfesten betrieblichen Ladeeinrichtung (§ 3 Nr. 46 EStG).
Bekommt ein Mitarbeiter ein Hybridfahrzeug zur Verfügung gestellt, so ist in der betrieblichen Praxis die Frage zu beantworten, ob der Arbeitgeber den Mitarbeiter zur Stromnutzung verpflichten kann. Hier zeigt sich ein zunehmendes Problem: Beschäftigte ordern wegen der steuerlichen Vorteile Hybridfahrzeuge, laden diese aber nicht auf. Dieses widerspricht dem Sinn und Zweck eines Hybridfahrzeugs und der dahinterliegenden Idee der „Green Fleet“. In diesem Zusammenhang könnte zwar an eine Verpflichtung zur vorrangigen Stromnutzung gedacht werden, soweit eine solche möglich ist. Die Nachprüfbarkeit einer solchen Regelung ist jedoch kaum möglich, da Hybridfahrzeuge in der Regel eine lediglich kurze Reichweite haben, die stark von der gefahrenen Geschwindigkeit abhängt.
Steuerrechtliche Anreize und Verteilung der Ladekosten
Wie in jeder Dienstwagenordnung empfiehlt sich auch für Elektro- oder Hybriddienstfahrzeuge eine grundsätzliche Regelung über eine Kostenbeteiligung des Mitarbeiters über das Einkommenssteuerrecht und den jeweiligen lohnsteuerlichen Richtlinien, wenn der Mitarbeiter den Dienstwagen privat als geldwerten Vorteil nutzen darf. Hier kann der Arbeitgeber für Mitarbeiter einen Mehrwert schaffen.
Der private Nutzungsvorteil des Mitarbeiters kann bei Elektro- und Hybriddienstfahrzeugen mit 0,5 % des inländischen Bruttolistenpreis („BLP“) angesetzt werden, wenn beispielsweise der CO2-Wert 50 g/km nicht übersteigt. Damit fällt der geldwerte anzurechnende Vorteil zu Gunsten des Mitarbeiters deutlich geringer aus als bei Dienstwagen mit Verbrennungsmotor (privater Nutzungsvorteil: 1% des inländischen BLP).
Einen weiteren wichtigen Anreiz können Arbeitgeber schaffen, wenn sie die Stromkostentragung für den Elektro- oder Hybriddienstwagen für ihre Mitarbeiter regeln. Hier empfiehlt sich – zur Vermeidung von häufigen Einzelnachweisen durch den Mitarbeiter – die Vereinbarung eines monatlichen steuerfreien pauschalen Auslagenersatzes durch den Arbeitgeber in der Dienstwagenordnung. Für den Arbeitgeber hat die Pauschale den Vorteil der abgeltenden Wirkung, indem ein zusätzlicher Auslagenersatz des Arbeitgebers in Höhe der durch den Mitarbeiter nachgewiesenen tatsächlichen Kosten grundsätzlich ausgeschlossen werden kann. Zudem kann damit ggf. auch die Motivation zur Stromnutzung rein faktisch erhöht werden.
Die Höhe der monatlichen Pauschale richtet sich nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 29. September 2020 nach dem Ort der Ladestation. Installiert der Arbeitgeber zusätzliche Lademöglichkeiten in seinem Betrieb, fällt die dem Mitarbeiter monatliche zu erstattende steuerfreie pauschale für Elektro- und Hybridfahrzeuge entsprechend geringer aus, als wenn keine Lademöglichkeiten beim Arbeitgeber vorhanden sind. Entscheidend für die korrekte Umsetzung ist an dieser Stelle der Begriff der „zusätzlichen Lademöglichkeit“, der bspw. geeignete Stromanschlüsse an ortsfesten betrieblichen Einrichtungen sowie unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung gestellte Stromtankkarten erfasst. Wird auf die Vereinbarung solcher Pauschalen verzichtet, kann die Abrechnung der Stromkosten für Elektro- und Hybriddienstwagen über einen Tankchip erfolgen.
Umweltbonus bzw. Innovationsprämie für elektrisch betriebene Fahrzeuge
Weitere Vorteile für Arbeitgeber und Mitarbeiter ergeben sich aus der Richtlinie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie („BMWi“) zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen vom 21. Oktober 2010 (BAnz AT 05.11.2020 B1, siehe Richtlinie). Diese Förderrichtlinie sieht bei Erwerb und Leasing eines Elektro- oder Hybridwagens einen Umweltbonus vor. Die Finanzierung des Umweltbonus erfolgt zur Hälfte durch den Automobilhersteller und zur Hälfte durch einen Bundeszuschuss. Hiervon ausgenommen sind neue Fahrzeuge, die nach dem 3. Juni 2020 und bis zum 31. Dezember 2021 erstmalig zugelassen werden sowie junge gebrauchte Fahrzeuge, deren Erstzulassung nach dem 4. November 2019 und die Zweitzulassung nach dem 3. Juni 2020 und bis zum 31. Dezember 2021 erfolgt. Die genannten Fahrzeuge erhalten eine Innovationsprämie, bei der der Bundesanteil am Umweltbonus verdoppelt wird und der Herstelleranteil unverändert bleibt. Der Bundesanteil wird auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“) an den Antragsteller ausgezahlt.
Antragsberechtigt zum Erhalt des Umweltbonus sind Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen, Körperschaften und Vereine, auf die ein Neufahrzeug zugelassen wird und die sich verpflichten, das Fahrzeug für eine gewisse Mindesthaltedauer zu halten. Im Fall des Mitarbeiterleasings hängt die Frage, wer den Umweltbonus zu beanspruchen hat, davon ab, wer als Fahrzeughalter eingetragen ist. Da dies regelmäßig der Arbeitgeber sein dürfte, gebührt diesem die Förderung. In der Praxis geben Arbeitgeber den Bonus oft an ihre Mitarbeiter weiter, um z. B. die Leasingsrate zu reduzieren. Daher ist zu empfehlen, aus Klarstellungsgründen in der Dienstwagenordnung zu regeln, ob und wenn ja, welchen Anteil der Arbeitgeber und/oder der Mitarbeiter von dem Umweltbonus erhalten.
Weitere Förderprogramme des Bundes zur Marktentwicklung der Elektromobilität
Die Bundesregierung unterstützt die Marktentwicklung der Elektromobilität darüber hinaus mit weiteren Förderprogrammen. Damit sollen alternative Technologien im Verkehrssektor etabliert und diese energieeffizienter, klima- und umweltverträglicher gestaltet werden, um die Energiewende im Verkehr voranzutreiben.
Auch nach der Bundestagswahl wird der neue Koalitionsvertrag wohl u. a. die Elektromobilität vorsehen, damit die Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris und des Klimaschutzplans 2050 erreicht werden. Im Klimaschutzprogramm 2030 ist sie zentraler Bestandteil: Bis zum Jahr 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein. Aufbauend auf diesen Zielsetzungen und Vorgaben schafft das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) u. a. mit der Förderrichtlinie Elektromobilität ein breites Förderangebot auch für den Aufbau von elektrischen Fahrzeugflotten im gewerblichen Umfeld. Vor der Umstellung des Fuhrparks sollten diese Fördermöglichkeiten geprüft werden.
Alternative oder Zusatz – Das Mobilitätsbudget
Anstelle oder neben der Überlassung eines Dienstwagens können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern auch ein Mobilitätsbudget gewähren. Voraussetzung hierfür ist eine individualvertragliche Regelung oder ggf. eine kollektivrechtliche Vereinbarung. Die Umsetzung erfolgt unternehmensseitig zudem in sog. „Mobilitätsrichtlinien“.
Mit einem Mobilitätsbudget können Mitarbeiter verschiedene Fortbewegungsmittel wie Kfz, Personennahverkehr, Fahrrad oder Scooter je nach zu bewältigender Strecke nutzen.
Der Vorteil besteht für den Mitarbeiter in der großen Flexibilität und einer einfachen Handhabung. So wird das Mobilitätsbudget, in vereinbartem Umfang, von einem Dienstleister zur Verfügung gestellt, der sogleich über ein Webportal oder eine App die monatliche Abrechnung vornimmt. Ohne den hiesigen Blick auf Elektro- und Hybriddienstwagen zu verlieren, ist dies eine weitere Möglichkeit für Unternehmen, Mitarbeiter zu binden und gleichzeitig die eigene Nachhaltigkeitsstrategie zu optimieren und zugleich sichtbar zu machen.
Fazit
Das gesteigerte Interesse von Arbeitgebern und Mitarbeitern an elektrischen Dienstwagen eröffnet also eine Vielzahl von Umsetzungswegen. Damit der Einsatz für elektrische Dienstwagen für alle Beteiligten einen Mehrwert bietet, sind arbeitsrechtlich klare Regelungen in der Dienstwagenordnung als Ausgangspunkt zu implementieren. Zudem sollten bundesweiten Förderprogramme vorab geprüft werden, um eine Entscheidungsgrundlage z. B. dafür zu haben, wo Ladestationen idealerweise eingerichtet werden sollen. Ist der arbeitsrechtliche Grundstein einmal gelegt, können die Vorteile für Arbeitgeber und Mitarbeiter enorm sein.