Gaming & E-Sport: Die virtuelle Welt bleibt (vorerst) umsatzsteuerfrei


Das neue Metaverse zeigt: die Grenzen zwischen digitaler und virtueller Welt verschwimmen zunehmend. Hersteller von Virtual-Reality-Technologie haben längst erkannt, dass das Bedürfnis nach komplexen, virtuellen Welten immens ist und weiter ausdifferenziert werden muss.

Dazu gehört, dass es gerade bei Online-Rollen-Spielen einen Markt für virtuelle Güter gibt, die nur innerhalb des jeweiligen Spiels existieren. Der BFH hat sich nun mit der Frage beschäftigt, ob beim Handeln mit virtuellen Gütern Umsatzsteuer anfällt. Er sieht keine Umsatzsteuerpflicht in der virtuellen Welt, sondern erst beim Tausch von virtuellem Geld in reales Geld.

Virtueller Handel im Spiel – ein Milliardengeschäft

Virtuelle Märkte beinhalten normalerweise integrierte Geldwährungen und Transaktionssysteme. Je nach Spiel sind diese internen Ökonomien auch über einer Art Devisenbörse mit dem realen Markt verbunden. Spieler können dann virtuell erwirtschaftetes Geld in reales Geld umtauschen und Einkommen erzielen. Der Handel findet dabei meist innerhalb des jeweiligen Spiels selbst statt oder auf Sammelplattformen wie steam. Der Umsatz durch derartige Ingame-Verkäufe betrug 2020 schätzungsweise allein in Deutschland ca. 3 Milliarden Euro.

BFH: Keine Umsatzsteuer in der virtuellen Welt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte jüngst zu entscheiden, ob es sich bei dem Handel eines Spielers mit virtuellem Land um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG handelt (siehe Urteil vom 18. November 2021, Az. V R 38/19). Dies hatte das Finanzgericht Köln zuvor bejaht und die Aufhebung entsprechender Umsatzsteuerbescheide abgelehnt. Der BFH hat nun eine klare Abgrenzung zwischen dem virtuellen, spielinternen Handel und der Teilnahme am realen Wirtschaftsverkehr vorgenommen. Diese Abgrenzung hat nicht nur für den Einzelfall Bedeutung.

In dem zu entscheidenden Fall vermietete der Spieler virtuelles Land an der Spielfläche, an der er berechtigt war, an andere Spieler und erhielt dafür virtuelles Geld in der spieleigenen Währung. Dafür wurde auf der Homepage der spielbetreibenden Gesellschaft sogar ein Dokument mit der Bezeichnung „Mietvertrag“ angeboten, das die beteiligten Spieler benutzten.

Bei der virtuellen Vermietung handelte es sich jedoch nach den Nutzungsbedingungen der spielbetreibenden Gesellschaft um ein beschränktes Lizenzrecht in Form eines virtuellen Tokens, das dem Spieler bestimmte Inhalte, Anwendungen, Dienste und nutzerentwickelte Funktionen zugänglich machte. Die spieleigene Währung tauschte der Spieler anschließend über eine Art interne Devisenbörse der spielbeitreibenden Gesellschaft in echtes Geld um.

Kein wirtschaftlicher Vorteil in der virtuellen Welt

Das FG Köln hatte in der Vermietung des virtuellen Landes an einen anderen Spieler eine umsatzsteuerpflichtige Leistung gesehen und dies im Wesentlichen mit einem Leistungsaustausch begründet. Der BFH jedoch differenzierte zur Bestimmung des Leistungsgegenstandes zwischen der virtuellen Vermietung einerseits und dem Umtausch der Spielwährung in reales Geld andererseits:

Eine umsatzsteuerbare Leistung erfordere, „dass einem identifizierbaren Verbraucher ein Vorteil verschafft wird, der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden könnte“. Mit anderen Worten: Die Vermietung von virtuellem Land ist vielleicht ein Spielvorteil, aber kein in Geldwert messbarer, wirtschaftlicher Vorteil. Es handele sich, so der BFH weiter, um Interaktion mit anderen Spielteilnehmern und um die Gestaltung des Spielerlebnisses. Einen wirtschaftlichen Nutzen hat der „Mieter“ des virtuellen Landes jedenfalls nicht. Er wäre konsequenterweise nicht berechtigt, Vorsteuer aus einer spielinternen Eingangsleistung abzuziehen.

Das spielinterne Wirtschaften gegen spieleigene Währung ist daher dem nicht-steuerbaren Bereich zuzuordnen. Das änderesich auch nicht dadurch, dass die Spieler einen „Mietvertrag“ abschließen, denn „eine über das Spielerlebnis hinausgehende Bedeutung oder gar ein reales rechtserhebliches Handeln sollte damit nicht verbunden sein“.

Umsatzsteuer bei Tausch in reales Geld

Anders sei dies laut BFH, sobald Spielwährung gegen echtes Geld getauscht wird. Denn es muss zwischen dem Verhältnis der Spieler untereinander und dem Verhältnis des Spielers zur spielbetreibenden Gesellschaft unterschieden werden. Die Spielwährung ist grundsätzlich ein vertragliches Recht. Dieses wurde gegen echtes Entgelt auf der spielinternen Börse der spielbetreibenden Gesellschaft übertragen. Somit war dieses Geschäft mehr auf die reine Teilnahme am Spielgeschehen beschränkt, sondern fand am realen Markt statt. Durch die Übertragung des vertraglichen Rechts „Spielwährung“ verschaffte der Spieler dem jeweiligen Empfänger ein virtuelles Spielobjekt zur späteren Nutzung im Spiel und damit einen verbrauchsfähigen Vorteil. Der BFH verglich dies mit der Situation, in der Veranstalter von Sportevents die entsprechenden Spielutensilien entgeltlich zur Verfügung stellen. Demzufolge erbrachte der Spieler mit dem Umtausch der Spielwährung eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung gegen Entgelt.

Entscheidung des BFH wirft Fragen auf

Wechselbeziehung zwischen virtueller und realer Welt können umsatzsteuerlich relevant sein, während rein virtuelle Leistungsbeziehungen nicht steuerbar sein sollen. Dies mutet auf den ersten Blick eindeutig an. Zwingend ist dies aber nicht, schließlich kann man ohne großen Begründungsaufwand der Auffassung sein, dass auch die spielinterne (und erfolgreiche!) Vermietung offensichtlich Grundlage für das spätere umsatzsteuerbare Geschäft war.

In der Literatur wird zudem darauf hingewiesen, dass schließlich auch Kryptowährung zwar ein virtuelles Recht ist, das jedoch handelbar ist und zu steuerlich relevanten Umsätzen führen kann. Warum soll dies bei einer spielinternen Währung anders sein? Unklar bleibt zudem, ob die hier aufgestellten Grundsätze so ohne Weiteres auf jede Art von virtueller Währung anwendbar sind.

Ob diese klare Trennschärfe des BFH zwischen virtueller und realer Welt daher in Zukunft immer beibehalten werden kann, ist noch nicht klar. Die hier entscheidungsrelevanten Wechselbeziehungen zwischen virtueller und realer Welt dürften erst der Anfang sein. Spieler sollten sich jedoch vor Augen halten, dass spätestens real erwirtschaftetes Geld, das auf spielinternen Leistungen beruht, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der §§ 1, 2 UStG zu steuerbaren Umsätzen führen kann.

Neben den umsatzsteuerlichen Konsequenzen sollten Spieler, die regelmäßig auf virtuellen Spielerfolgen beruhendes Geld erwirtschaften, mögliche einkommensteuerliche Folgen bedenken. Hier kommt es nach der zur Einkommensteuerpflicht von Gewinnen eines Online-Pokerspielers ergangenen Rechtsprechung des BFH (siehe zuletzt Urteil vom 25. Februar 2021) auf das Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall an. Während ein einzelner Gewinn aus dem Handel mit virtuellen Gegenständen wohl noch keine Einkommensteuerpflicht begründen sollte, wird derjenige, der seinen Lebensunterhalt damit bestreitet, die Einkünfte gegenüber dem Finanzamt erklären müssen. Eine starre Grenze, ab der Gewinne zu versteuern sind, gibt es jedoch nicht.

 

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Martin Brandenburger-Nonnast<br/>LL.M.

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